DER UNBEKANNTE FERNE ORT(1)





QUODLIBET



Ein spätmittelalterliches Drama

in verschiedenartigen Reimen und Versen

aus dem westindischen Kulturkreis

und angrenzenden Ländern und Orten



von

Helga Mathieu

(Mata)



PERSONENVERZEICHNIS



MAtthias, Ritter von Bayern

Díaz, ein spanischer Minnesänger

Jacques de MAhouba, (zunächst) ein MAtrose

Sebástian de Vega, Vetter des Othello

Conchita, Tochter des Othello und der Desdemona

Othello, Prinz von Navarra

Desdemona, Prinzessin von Spanien

Jona, deren Hund

Jago, der "Schwarze mit Warze"

Äbtissin

MAgdalena Brava und

Fulminata aus Java, zwei Nonnen

Inspektor López

MArco, Fischer und "erster MAnn im Dorf" (Alcalde)

MAgdalena, seine Frau

Consuelo ("Lo"), Tochter der augsburgischen Welser

Doña Ana, Gattin des Gouverneurs von Venezuela

Don MAnuel, zeitweise rauschgiftsüchtig, Gouverneur

Paul von Aix, eheMAliger Jesuit, Fürstbischof von Venezuela

Karl V. (1500 - 1558)

Philipp II. (1527-1598)

Claus, Herzog von Oranien

Ka, Häuptling der Karuaken

Die Chicos, kriminelle Putschisten unter Paul von Aix

MAbel, Kräuterweib, Countess of Dublin

MAximilian, ihr verstorbener Gatte

Karu, Häuptling der Karuaken, Vater des Ka

MArie Claire, die goldblonde Braut von Jacques

MAthilde aus MArseille, Inhaberin eines freundlichen Hauses

Bello, Wirt der Kaschemme an der Klippe

CuaiMApiña (gorgo venezolanis), eine Schlange

Pepe de Lana, der dicke Küchenknecht im Palast von Don Manuel

Sylvie Duroselle, Nichte des Jacques de Mahouba

Sancho, Hafenmeister auf Kuba

Markus, der gütige alte Pater



QUODLIBET(2)

von

Helga Mathieu

(Mata)



JAMBUS, Dimeter, akatalektisch



Am unbekannten, fernen Ort,

da bleibt man - oder man geht fort,

falls niemand da, der einen liebt

und es auch sonst nichts Schönes gibt.

Doch wird uns dieser Ort bekannt,

und sei er auch im fernsten Land,

wenn man dort nette Leute findet,

mit denen man sich gern verbindet.

So ist der Ort dann nicht mehr fremd,

das Wohlbefinden vehement.



LIMERICKS



In Bayern zum Beispiel Matthias,

den nannten sie alle nur "Hias",

sagt immer "SAUGUT".

Doch packt ihn die Wut,

als die Frau rannte fort mit dem Díaz.



Er verkaufte den Hof und die Tuba,

das nächste Schiff nahm er nach Kuba,

wo alle Matrosen

war'n lauter Franzosen,

worunter auch Jacques de Mahouba.



Sie haben gemeinsam geschwiegen.

Dann riet ihm Mahouba zu Ziegen.

Nicht lang er mehr klagte

und: "chévere!" sagte:

"Wir Bayern, wir werden doch siegen!"





AMPHIBRACHYS, Tetrameter



Wild brandet das Meer an Kubas Gestaden.

Matthias, mit bayrischer Gerste beladen

betritt voller Tatkraft den einsamen Strand.

Denkt: "chévere! was für ein Land!"



Zielstrebig erreicht er die nächste bodega

und fragt nach dem Züchter Sebastian(3) de Vega.

Dort kauft er ein Zicklein, zwei Ziegen, ein Böckchen.

Erblickt dann Conchita in luftigem Röckchen.......................



Matthias sofort voller Leidenschaft glühte.

Conchita jedoch, erst noch Knospe, nicht Blüte,

sie senkte den Blick. Und zum patio sie rannte.

Im Herzen des Bayern hinfort es nur brannte.



Wie feurig die Augen! Wie zart diese Haut!

Matthias beschloß kurz: 'die nehm ich zur Braut!'

Er sah sich mit ihr in den Armen schon liegen,

Conchita schon zahlreiche Kinderchen wiegen --

da stoben auf einmal davon alle Ziegen!!



Sie flohen vor einer bestialischen Schlange.

Und Hias, der Bayer, der fackelt nicht lange.

Er packt dieses Untier mit wackerer Hand,

erwürgt es und zeigt dabei Glück und Verstand.



Conchita kommt zitternd aus ihrem Versteck.

Sie schaut einmal hin und auch schnell wieder weg.

Sebastian raucht seine Zigarre und denkt:

"Ob mir wohl der Himmel den Bayern geschenkt?

Die kleine Conchita wuchs auf ohne Mutter.

Sie kostet nur Bolos für Kleider und Futter.

Der bayrische Junge, der kommt mir ganz richtig,

ist kräftig und mutig. Und das scheint mir wichtig.



Er liebt die Conchita. Und dies ist natürlich.

Ganz nett ist sie wirklich, und auch noch figürlich.

Er soll ein Jahrsiebent mir dienen als Knecht,

was Jacob bekanntlich - gar zweimal!! - war recht." (4)



Dies sagt er dem Hias. Bedächtig der nickt.

Conchita wird gleich in ein Kloster geschickt.

Dort mußte sie schuften in Küche und Feldern,

in giftigen Mooren, Mangrovenwäldern.



Das wär nie geschehn, wenn die Mutter noch lebte,

die immer am Fenster saß, strickte und webte,

im traurigen Auge die düsteren Schatten.

Sie wartet schon lang auf Othello, den Gatten.



Vor Monden schon hat er die Gattin verlassen,

zur Sierra Maestra, auf Rehwild zu passen.

Othello war Jäger und kunstvoller Fänger,

stets jagte er nur eine Woche. Nie länger.



Und immer begleitet vom Hund namens Jona.

Vor Kummer und Sehnsucht ward krank Desdemona,

schwand hin wie ein müdes, verwelkendes Blättchen.

Zurück blieb Conchita, die Kleine, im Bettchen.



Da tauchte der Vetter auf, wie schon so oft.

Der hat sich die finca begierig erhofft.

Man trug Desdemona, die Schöne, zu Grabe.

Sebastian aber nahm Kind sich und Habe.



Er war's, der Othello als Letzter gesehen.

Er wußte als Einziger, was ihm geschehen!

Und wie man auch sucht' im kubanischen Reiche:

Nie fand man Othello, noch nicht mal als Leiche.

Nach Wochen erscheint der verwilderte Jona,

sucht winselnd und jaulend im Haus Desdemona.

Doch bellt er gefährlich und knurrte und grollte:

Sebastian ihn einmal nur streicheln wollte.

Er sträubt wie ein Satan die Haare im Nacken

und beißt den Sebastian, der flieht, in die Hacken.



AMPHIBRACHYS, Dimeter



Sebastian fluchte:

"Der Hund, der verruchte!

Das muß er mir büßen!

Ich werd' ihn erschießen,

mich derart zu beißen!

In Fetzen ihn reißen

für solch eine Tücke

zermalmen in Stücke,

dann ab in das Cello

wie einst mit Oth................"



JAMBUS, Dimeter



Und plötzlich hält er ein, versteint.

Er hört, wie die Conchita weint.

Das Kind darf niemals was bemerken

von seinen finsterbösen Werken.

Er muß vermeiden, daß ihr schwant,

was er hat Schurkisches geplant. --

Süß lächelnd tritt er in das Zimmer

und stillt das Ach-und-Weh-Gewimmer

mit einem Stückchen Katzenglimmer.



AMPHIBRACHIS, Tetrameter



Das Lächeln, das nur einen Augenschlag dauert,

wie schnell er es aufsetzt, so rasch es verschwand.

Er sieht, wie der Jonas am Kinderbett kauert

und hebt zu dem furchtbaren Schlage die Hand.

Im Aug' des Sebastian lodern die Flammen,

doch denkt er an Jago und nimmt sich zusammen.



Denn Jago, der riet ihm, den Hof zu betreiben,

wie andere ehrbare Landleute auch.

Es sollte nach außen hin alles so bleiben,

wie immer es war der kubanische Brauch.

Im Hintergrund doch: der verborgene Platz!!

Dort liegt seit Äonen der heilige Schatz.



Der finstere Jago stahl einstmals ein Buch -

in uralter Zeit es den Priestern gehörte -

wonach auf dem Orte ruht Segen wie Fluch.

Der Fluch den Sebastian keineswegs störte.

Denn das sei ja lächerlich, irriger Glauben.

Er wollte nichts weiter, als Reichtümer rauben.



JAMBUS, Dimeter



So trieb er dieses Doppelspiel,

war keine Mühe ihm zuviel.

Othello mit Gewehre

kam ihm zwar in die Quere:

Das Hindernis war bald geräumt,

der Traum noch lang nicht ausgeträumt,

und keine Stunde ward versäumt.

Wo bleibt Moral und Ehre??



TROCHÄUS, Dimeter



Doch wollt' ihm nichts gelingen.

Und Jahr um Jahr vergingen.

Die Felder wurden karg und leer,

sie gaben kaum noch Ernte her.

Das Kind, zur Jungfrau nun erwacht,

das mußte schaffen, Tag und Nacht.

Und niemand auf dem Hof, der lacht.

Für sie gab's keine Freude mehr.



Verzweiflung füllt ihr kleines Herz,

so groß ist immer noch der Schmerz

um die geliebten Eltern.

Sie sucht wohl nach Vergeltern

für den verscholl'nen Vater,

den Hüter und Berater.

Ach! Tot ist Desdemona!

Ihr einz'ger Freund ist Jona.



So viel hat sie des Nachts geweint,

doch morgens hell die Sonne scheint:

Da kommt der Bayer angelaufen

und will nur ein paar Ziegen kaufen.

Er tötet tollkühn eine Schlange,

blickt auf Conchita lieb und lange.

Matthias hat so blonde Haare. -

Und bleibt dann sieben Jahre!



ANAPÄSTUS, Tetrameter



Als Sebastian sie grausam ins Kloster gesteckt,

(allerdings hat er dies nicht allein ausgeheckt,

denn der Jago, der sagte: "die muß zu den Nonnen,

für den Plan ist es nötig, daß Zeit wird gewonnen..."



AMPHIBRACHYS; Tetrameter



... begann für Conchita ein weiteres Leid:

Matthias, die finca, die waren so weit!

An jenem dramatischen glänzenden Morgen,

da hat sie sich zitternd und furchtsam verborgen.

Matthias hat tief ihr ins Auge gesehen,

Mit Freundschaft, ja Liebe, und großem Verstehen.



Nun schickten die Nonnen sie tief in die Sümpfe.

Sie hat keine Schuhe, geschweige denn Strümpfe.

Still weinend sammelt sie Knollen und Blüten.

Und niemand ist da, dieses Kind zu behüten.



Matthias jedoch, auf dem Hof meist alleine,

er sorgt für die Ziegen und füttert die Schweine,

bewässert die Äcker, pflanzt Tabak, sät Mais.

Es schmerzt ihn der Rücken, auf der Stirne steht Schweiß,

ihm brennen die Augen, ganz trocken der Mund.

Und immer begleitet ihn Jona, der Hund.



Doch abends verläßt er Sebastians Felder,

nimmt Säge und Axt mit, geht weit in die Wälder.

Dort hat er vor einigen Tagen entdeckt -

das ist es, was er schon seit langem bezweckt!

Er tut seine Arbeit mit bayrischer Kraft:

Nach wenigen Tagen hat er es geschafft!



Im Urwald von Kuba ein eignes Stück Land,

gerodet von urbajuwarischer Hand!

Mit heiligem Eifer die Gerste er sät.

Den Zaun baut er morgen. Heut' ist es zu spät.

Er jodelt ein "chévere!"; weithin es schallt.

Verwundert steht da der kubanische Wald.



Beim Heimweg begleitet der Mond ihn, so rund,

das Bild von Conchita, die Augen, der Mund!

Wie gern wär' er bei ihr, die Lippen liebkost' er....

So weit ist der Weg zu dem schrecklichen Kloster!

Doch hell scheint der Mond, und noch jung ist die Nacht.

Er fliegt durch den Wald. Und er weint, und er lacht.



Conchita, gefangen im Kloster seit Wochen!

Das hat dem Matthias das Herz schier gebrochen.

Jeder Nerv, jedes Haar, jeder Blutstropfen schreit:

"Conchita, Conchita, wie bist Du so weit!"

Er weiß es ganz sicher, im Kopf und im Herzen,

die Kraft seiner Liebe beendet die Schmerzen.



Beim Mondschein, heut' Nacht, wird Conchita er sehen,

die Treue und Liebe wird laut er gestehen.

Behende kommt Hias dem Kloster ganz nah.

So heiß, wie er wünschte: Conchita ist da!

Sie wandelt im Garten. Der Mond wird ganz fahl:

wie ist die Geliebte so blaß und so schmal.



"Conchita - mein Herz!" kann leis er nur raunen.

Sie weitet die Augen in freudigem Staunen:

Matthias ist da - Bezwinger der Schlange!

Und dieser, von Lieb' erfüllt, wartet nicht lange.

Er breitet die bayrischen Arme ganz weit:

"Conchita, komm zu mir. Es ist an der Zeit!"



Ganz still will das Mädchen erst zögern und weinen.

Und dennoch - sie weiß es - es gibt nur den Einen.

Ein Leben lang wird sie Matthias nur lieben.

Sie hat mit dem Herzen sich ganz ihm verschrieben.

Sie weiß es und hat überhaupt keine Wahl:

in zärtlichen Armen vergeht alle Qual.



Matthias: er muß sie vom Kloster befreien!

Doch plötzlich vernimmt die Äbtissin man schreien:

"Ein Mann ist im Garten! So fangt mir den Mann!

Erwischt mir den Kerl, und man bring' ihn mir an!"

Der Bayer, viel flinker als sämtliche Nonnen,

ist - chévere! - über die Mauer entkommen.



SONNET RÉGULIER (im Endecasillabo)



Er konnte heimlich nur ins Ohr ihr sagen:

"Sei unverzagt. Ich komme, dich zu retten.

Du wirst befreit sein von den schweren Ketten

und aller Last - in kaum noch vierzehn Tagen.



Ich werde Leib und Leben für Dich wagen,

und alles ist ganz einfach, kann ich wetten.

An meine Brust wirst Du Dein Köpfchen betten

und nimmermehr hast Grund Du, je zu klagen.



Erwart' mich bei des Mondes tiefstem Dunkel.

Ganz leise, unter klarem Sterngefunkel,

komm' ich, zu holen Dich mit meinem Pferde.



Dein Haar bedeck' ich mit vieltausend Küssen.

Wir werden sein die Glücklichsten der Erde,

und niemals wirst Du wieder weinen müssen!"



DAKTYLUS



Leer ist der Wald, und Matthias ist fort.

Unruhe herrscht an dem heiligen Ort,

denn die Äbtissin hat's plötzlich sehr eilig,

wütet und tobt und ist gar nicht so heilig:

"Wer war der Bursche im Garten heut' Nacht?

Wer von Euch sah ihn? Was hat er gemacht?



Was hatte er wollen? Wen hat er getroffen?

War's eine Nonne?!? Dann kann ich nur hoffen,

daß diese Metze nimmt gleich einen Strick,

endet in Sünde ihr frevles Geschick.

Nehm Euch in Acht - ich bekomme heraus,

wer dies gewesen, die schändet' mein Haus.



Hat sie den Mut nicht, noch heut' zu gestehen,

wird man erleben, was dann wird geschehen:

Ihr werdet hungern und dürsten zwei Wochen,

das hat schon öfter das Schweigen gebrochen.

Fruchtet das nicht, laß den Schwarzen ich holen:

Jago macht Feuer Euch unter die Sohlen.

Schweiget Ihr dennoch: in Eisen gehängt!

Jago ist Folterknecht erster Vollendung.

Und meine Mägde, die kriegt er geschenkt.....

Mädchen! Zu Jagos besond'rer Verwendung!"



DITROCHÄUS, Trimeter



Zitternd stand die Nonne Magdalena Brava,

Fulminatas Hände heimlich fest umklammernd,

neben jener großen Dunklen, die, aus Java,

Furcht nicht zeigte, nicht, wie alle andern, jammernd

standen in der Halle, dichtgedrängt in Scharen,

hörten die Äbtissin wie sie schrie und tobte,

außer sicht vor Wut, vor Gift und Haßgebaren,

diese extrafromme Himmelanverlobte.



"Komm zur Seite," Fulminata sprach es leise,

"gehn wir durch den Wandelgang zur Mädchenkammer."

Mädchen saßen dort in engumschlungnem Kreise,

sprachen über Jago und den Teufelshammer.

Fulminata sah Conchita. Wußte: sie und keine,

keine von den andern Mädchen hat ein solches Feuer,

spricht mit einem Mann im Garten ganz alleine,

wird dann prompt entdeckt von diesem Ungeheuer.



"Wollen wir ein wenig in den Garten gehen?"

Ei! Conchita, ganz gerade Blick und Rücken -

mutig ist die Kleine, wie wir deutlich sehen! -

sagt: "Ihr wißt es! Gut so. Und mein Plan wird glücken,

Vierzehn Tage Zeit noch bleibt. Dann droht uns Jago.

Wasser werd' ich heimlich bringen. - Pah, Äbtisse!

Merken wird sie gar nichts. - Wein und Brot und Sago.

Ruhig seid und schlaft dank heiliger Melisse.



Beichten will ich. Kommen soll der alte Pater,

der hat mein Vertrauen. Und ich werd' es wagen!

Hias lieb' ich. Segnen würd' mich selbst mein Vater.

Keiner hat das Recht, dagegen "nein" zu sagen.

Wißt, ich mach ihn frei, nach pünktlich vierzehn Tagen,

Euch und dieser Katze, dieser Mordäbtisse,

dies und vieles andere noch vorzutragen.

Fürchtet nicht, daß jene mich in Stücke risse.

Sicher weiß ich: Neumond wird in knapp zwei Wochen

dunkeln über diesem Kloster. Mein Verlobter,

das hat er gewiß in dieser Nacht versprochen,

wahrlich! Und bei keuschen Küssen dies gelobt' er .....

Treffen werd' ich Hias am geheimen Orte,

und der alte Pater wird uns heimlich trauen."

Sprachlos hör'n die zwei Conchitas kühne Worte.

Diese geht. Und läßt zurück die beiden Frauen.



DAKTYLUS, Hexameter(5)



Während inmitten des feindlichen Urwalds die Gerste heranwächst

auf dem so sorgsam gerodeten Felde, dem wehrhaft umzäunten,

während Matthias mit bayrischer Gründlichkeit sorgt für die finca,

während die Nonnen im Kloster nicht fasten, doch zweifeln und beten,

schmieden der feige Sebastian und Jago den finstersten Plan:

Haben beim Vollmond doch kürzlich entdeckt auf der Sierra Maestra,

weit am entlegenen Orte die allesversprechende Höhle.

Dieses, nur dies, kann der Platz sein, genannt in den mythischen Schriften!

Werkzeug und Leitern und Seile sind nötig, den Schatz zu erobern.

Tinca, das fügsame Maultier, beladen - und schon geht es los.



Schweißtreibend mühsam, gefahrvoll und tückisch: der Weg in die Höhle!

Scheußliche fledrige Mäuse. Getier, das den Tag nie gesehen!

Undefinierbares Rascheln und schrilles Geschrei macht sie fürchten.

Dennoch - die Gier nach dem Schatz treibt die beiden noch weiter ins Tiefe,

weiter und weiter, wenn schlotternd auch, weiter zum Ziel ins Gefels!

Plötzlich vergrößert der schroffe und niedrig verwinkelte Felsgang.

Licht fällt von oben des mählich zur Sichel gewordenen Mondes.

"Licht," flüstert Jago, "woher dieses Licht?". Und Sebastian erschauert.

Magisch erleuchtet vom fahlblassen Mondschein und kaum zu erahnen,

liegt eine kreisrunde Halle vor ihnen, so groß wie ein Dom.



Beide erstarren. Sie blicken ins Rund in betroffenem Schweigen.

Vor sich den Stein, dessen Ende und Anfang im Nebel verschimmert,

kunstvoll behauen, mit zahlreichen Bildern und Zeichen, unsäglich,

nicht zu entziffern, so fremd und so dunkel, geschmückt vor Äonen.

Was ist die Deutung? Was Schlüssel, der öffnet den Weg zu dem Schatz?

Näher tritt Jago. Entzündet ein Licht, und er mustert die Bilder,

sieht auf dem Stein eine größere Form, ganz genau in der Mitte.

"Schau doch, Sebastian, komm näher, betrachte das seltsame Kunstwerk!

Ist's ein Altar nicht, dem Schlachtopfer dienend, zu ehren die Götter?

Bringen wir also den Göttern ein kostbares Schlachtopfer dar.



Weiß ich das richtig, so brachten die Alten den himmlischen Mächten

Tiere, auch Menschen, zum Opfer, zu stimmen die Göttlichen günstig.

Hatten sie Pläne von großer Bedeutung, so war auch entsprechend

Größe und Anzahl der Opfer. Dann mußten die Pläne gelingen.

Eines der wichtigsten Gaben, das war eine Jungfrau von Rang."

Tödlich erschrak der Sebastian. War da von Conchita die Rede?

Edlen Geblüts, wär' Conchita als Opfer am besten geeignet.

Doch für wie lange noch? Hatte Matthias nicht Lust auf die Kleine?

Schlug sein Gewissen, so trat er es tot. Hier war viel zu gewinnen!

Sagt doch das Buch, wer den Schatz sich verdiente, werd' glücklich und reich.



"Werdender Mond muß es sein," sprach der Jago, "am besten am Drittag.

Lock' Du als Onkel Conchita zum Ausflug ins ferne Gebirge.

Sag' der Äbtissin, Conchita benötige dringend Erholung.

Schwach sei sie, lungenkrank, erst nach der Reise dem Kloster von Nutzen.

Bring' der Äbtisse - und sicher, sie braucht es - dies seltsame Kraut.

Bastian, Du weißt es, sie raucht dieses Kraut und wird fröhlich und heiter.

Paß aber auf und dann rauche nicht mit, denn sie ist nicht ganz ohne!

Männer verstrickt sie mit frommen Gesängen in ihrer Parzelle.

Denk' an das Ziel und nachher nimm Conchita. Und einige Mägde

soll'n sie begleiten, das edele Opfer. Dann fühlt sie sich wohl."



Jago hält inne. Er blickt dem so zaghaften Bastian ins Auge.

Will er ihn weiter als Werkzeug benutzen: die Gier muß er schüren.

Nachdenklich schaut er den Stein an. Und: "Sieh mal, Sebastian, sieh doch!

Hier ist ein Inhaltsverzeichnis. Im Buch sind die Dinge beschrieben:

Becher für Becher und Brosche für Brosche und Münzen aus Gold,

kostbare Halsbänder, Kronen, verziert mit den seltensten Steinen,

Statuen, perlenverzierte Geräte und Schalen und Leuchter,

Kästchen und Truhen aus lauterem Gold, diamantenverzierte,

dort noch Amphoren und Vasen. Genau, wie im Buch es verzeichnet.

Das ist Beweis mir genug. Dieser Stein ist der Eingang zum Schatz!"

Jago hat recht gehabt. Glüht doch Sebastian vor Habsucht und Geldgier:

"Nur - wie das Tor und mit welcherlei Werkzeug kann man es öffnen?"

"Sicherlich gibt's einen Trick, einen Zaubergriff. Laß uns mal sehen.

Hol'mal die Leitern und zünde die Fackel an," sagt er Sebastian.

Dieser gehorcht wie ein artiger Sklave, bringt Leitern und Licht.

"Leucht', Sebastián(6), und dann halte die Leiter, ich werde die riesige Platte

Stückchen für Stückchen genau untersuchen. Dann werden wir sehen,

ob nicht ein Fingerzeig, irgendein Hinweis, uns führt zu dem Ziele."

Jago betastet nun sorgfältig, Stunde um Stunde, den Felsen.

Plötzlich sein Aufschrei: "Sebástian(7)! Ich hab' es! Nur hier kann es sein.



Diese Rosette am äußersten Rande des Steines bewegt sich.

Paß' einmal auf nun. Ich drück' auf die Mitte." Und wirklich - er tut es.

Wütendes Knirschen ertönt, und ein Donnern wie tausend Gewitter.

Auf schwingt das Tor, und die Leiter stürzt um, wirft den Jago zu Boden.

Jago - der schreit nach Sebastian. - Doch dieser betrachtet den Schatz.

Schimmernd im Mondlicht liegt vor ihm, was Jago soeben beschrieben.

Wie von dem Leuchten gelähmt, steht Sebastian, von Schönheit geblendet,

Schaut auf die Schätze, hört jammern den Jago, zu Boden geschmettert.

Eine Sekunde lang glaubt er, er habe den Mut, ihn zu töten.

Springt auf ihn zu. Welch ein Krachen! Da schließt sich das mächtige Tor.



TROCHÄUS, Dimeter



Auf der Erde sind sie wieder!

Jago fühlt die wehen Glieder,

und Sebastian hat vergessen

seinen Mordplan. Wie vermessen,

diesen Jago umzubringen.

Ohne ihn wird mißgelingen,

diesen großen Schatz zu heben!

So verstrickt ist beider Leben:

jeder weiß des andern Taten,

jeder ist ein Teufelsbraten:



Jago, dieser große Schwarze,

mitten auf dem Kinn die Warze,

hat gemordet und gestohlen,

gibt's ihm zu ganz unverhohlen.



Sebastián - er ruft ihn spanisch -

war auf diese finca manisch,

nutzt gehörig aus Matthias,

nicht mehr wütend, weil der Díaz

störte seine Alpenvita,

liebt inzwischen heiß Conchita,

dient Sebastian ein Jahrsiebent,

schafft, weil treu und innig liebend,

alle Arbeit auf der finca,

hochgeschätzt sogar von Tinca.



Als das Felsentor erbebt,

freut sich Jago, daß er lebt,

mühsam, stöhnend, sich erhebt.

Nein, zum Glück ist nichts gebrochen!

"Sebastián, in gut zwei Wochen,

wenn der Neumond grad verronnen,

holst Conchita von den Nonnen.

Jeden Argwohn pünktlich meide.

Kleide sie in weiße Seide.

Schick' die Mulis auf die Weide.

Brauchen werden wir die Mulis,

- Mägde dienen uns als Kulis -

um die Schätze fortzutragen.

Doch er wollte dies nicht sagen,

Sebastián würd' auch nicht fragen.

Planes Kern und Hauptgewichte:

Sterben mußte seine Nichte.

Jago las in jenem Buch:

so begegnet man dem Fluch -

soll ein großer Plan gelingen,

muß man hohe Opfer bringen.



AMPHIBRACHYS , Tetrameter



Matthias, nicht wissend, was droht der Conchita,

er füttert und striegelt das Pferd Margarita,

als wär' es sein eignes. Mit zärtlichem Schnauben

sagt Dank sie. Mit ihr wird Conchita er rauben.

Er baut eine Hütte im Urwald ganz weit,

am heimlichen Ort, wo die Gerste gedeiht.

Und Fortschritte macht sie, dank eifrigem Streben.

Mit seiner Conchita will Hias dort leben.

Mit ihr will Matthias Gemüse anbauen,

und, fruchtet die Gerste, auch Bier damit brauen.

Ein Bier wie in Bayern, so hell und so klar. -

Er weiß nichts von Jago. Sieht keine Gefahr.



JAMBUS, Trimeter(8)



Derweilen kommt ein Schiff vom fernen Caracas,

beladen hoch mit Datteln, Mais und Ananas.

Ein Kavalier, der Captain, schlank und elegant,

Inspektor López leitet höflich ihn an Land.



Der Kapitän mit breitem Hut und großer Feder,

die hohen Stiefel schwarz, von allerfeinstem Leder,

er trägt an seiner braungebrannten rechten Hand

den aller Welt bekannten großen Diamant.



Der war vom Gouverneur zum Dank für Staatsmeriten,

weil er den hinterlist'gen, falschen Jesuiten

beim Putschversuch entlarvt. Und dieser bald gestand,

als er, gefoltert, sich im tiefsten Kerker fand.







An einem schönen Nachmittag vor vielen Jahren -

die Leute wollten wohlgemut zum Fischen fahren -

da lag ein schwerverletzter Mann am seichten Strand,

bewußtlos, blutig, matt in heißer Sonne Brand.



Sie brachten ihn zur Frau des Marco, die ihn pflegte.

Und als er sich zum allerersten Mal bewegte,

da war's, wie wenn er wieder fände den Verstand,

den grausam er verlor in heißer Wüste Sand.



Als Marcos schöne Frau ihn anzusprechen wagte,

da drehte er sich stöhnend um und mühsam sagte:

"Wo bin ich? An der Welt gefährlich scharfem Rand?

Und welcher Schurke hat gemein mich dort verbannt?

Werd' nun von diesem Rand ins tiefe Nichts ich stürzen?" -

Sie heilte ihn mit vielen Kräutern und Gewürzen -

manch' heiße Träne ihr durchs schöne Auge rannt'.

Sie deckt ihn zu mit ihrem eigenen Gewand.



Der Mann genas dank liebevoller Pflege.

Nur eins geriet ihm ständig ins Gehege:

er weiß doch überhaupt nicht, was geschehen,

und alles, was je war, kann er nicht sehen.



Er wurde nach und nach gesund und kräftig,

obwohl das Ungewisse plagt ihn heftig,

und sprach auf Magdalenas leises Flehen:

"Ich brauche Mannsgesellschaft. Laß mich gehen!"



Er hat in dieser Nacht so schlecht geschlafen.

Die frische Luft tut gut. Sie weht vom Hafen.

Dort sieht er braungebrannte Männer stehen.

Die rufen: "Komm doch, Fremder, laß Dich sehen!"



Sie fragen nach des Mannes Sein und Kommen

und haben mit Erstaunen bald vernommen,

der Angeschwemmte kann nicht seine Heimat nennen,

er scheint den eignen Namen nicht zu kennen.



Der Marco denkt kurz nach und spricht dann frisch und froh:

"Falls es Dir recht ist, sagen wir: Incognito!

Und wenn Du magst, dann fahr hinaus mit uns aufs Meer,

es sei denn, Deine Krankheit macht Dir noch Beschwer."



Incognito. Er denkt, 'der Name dünkt mich selten,

doch paßt er und ist liebevoll, ich kann nicht schelten.'

Incognito wird Jahre nun verbringen

mit Fischen und manch andern guten Männerdingen.



So fahren sie aufs Meer, sind fleißig, doch gelassen.

Der letzte Fang war reich, die Netze kaum zu fassen.

Ein alter Fischer meint, daß nie so viel sie fingen.

Mit schwerer Beute kehren sie zurück und singen.



Voll Jubel werden sie begrüßt am kleinen Hafen

und feiern kräftig. Trinken. Frau'n und Kinder schlafen.

Der erste Mann im Dorfe, Marco, läßt was springen.

Incognito muß langsam mit dem Glase ringen.



In später Nacht, die Männer sitzen noch beim Weine,

taucht eine junge Frau auf. Die kommt ganz alleine.

Sie will Incognito zu wildem Tanze zwingen,

doch dieser wehrt sie ab und spricht von andern Dingen.



Sie setzt sich zu ihm, fragt nach seinem Namen -

im Garten draußen duften die Cyclamen -

Er nennt ihn leise, spricht: "Ich bin Incognito."

Das Mädchen blickt ihn an und sagt nur: "So.



Dir glaub ich nimmer, daß Du Fischer bist wie jene Leute.

Ich kenne dieses kleine Dorf - und auch des Tages Beute,

und denk, daß diese Fischer dankbar sind und herzlich froh,

und sie vertrauen Dir - ich weiß es - ohne Obligo.



Doch ich weiß etwas Besseres für Dich. Du kannst zu Diensten sein

dem Gouverneur. Ich kenn' ihn gut, schau manchmal zu ihm rein."

Da stutzte kurz Incognito und sagte langsam: "Oh?"

"Ich komme wieder. Wart's nur ab. Und nenn mich einfach Lo."



Incognito blieb lang im Dorf, dem Glück er brachte ohne Schranke.

Die er gesehn nur kurze Zeit, war immerzu sein Hauptgedanke.

Und fielen ihm nach schwerem Tagewerk die müden Augen zu,

da dachte er an Lo. Sie ließ nicht Tag noch Nacht sein Herz in Ruh.



Die Sehnsucht machte seinem Herzen Flügel:

Sie schwang sich über Meer und Hügel.

Im Laden sah er einen schönen Frauenschuh.

Da seufzte er im Innern: "Lo! Nur Du!"



DAKTYLUS, Hexameter (mit Endreimen)(9)



Seine Ideen, die brachten dem winzigen Dorfe viel Segen.

Jedermann strebte Incognito nach, sich mit Lust zu bewegen.

Früher war's üblich, beim Faulen mit Arbeit nur Neid zu erregen.

Heute war's Ehrgeiz für jeden, das Haus und die Schiffe zu pflegen.



Plötzlich erscheint in der goldenen Kutsche die vornehme Dame.

Ruft den Incognito: "Höre - ich weiß, daß OTHELLO Dein Name!"

Jäh stürzt Othello zu Boden. Oh Götter! Vernahm er das Wort?

Riß ein gewaltiger Sturm ihm sein Herz, seine Seele ihm fort?

Schemenhaft steigt aus dem Dunkel ein schwarzes Gesicht und ein Name.

Glühende Schmerzen durchzucken den Körper, ein furchtbares Dröhnen.

Schläge auf Kopf und Genick, und dann schleppt ihn Sebastian zur Klippe.

Nacken und Nerven, Gehör und Gespür fangen an, zu erinnern.

Das war Sebastian! Der schlug ihn von hinten zu Boden. Er weiß.

Wie durch ein Fenster schaut der, der Othello ist, schaut auf sein Leben.

Sieht Desdemona, die kleine Conchita, die finca ganz deutlich,

weiß, daß Sebastian, der schurkische Vetter, die finca ihm neidet,

wie er von hinten ihn schlägt und ihn tot wähnt, die Felsen hinabwirft.

Kaum ist der Name gefallen, da brach eine Mauer entzwei!



Mühsam erhebt sich Othello, gestützt auf die Hand Doña Anas,

Gattin des Staatsgouverneurs. Und Othello versucht, sich zu fassen.

"Prinz von Navarra, Othello, wir haben viel Neues vernommen.

Kuba hat nie Dir verzieh'n: Unterm Stand nahmst Du Dir Desdemona.

Ließt Deine Güter und Ämter im Stich, gingst dann niemals zurück.

Nun hat der spanische Hof Desdemona zum Mitglied erhoben,

gibt es jetzt öffentlich zu: Deine Frau war die Tochter des Königs.

Liebe verband ihn der maurischen Fürstin, doch starb die im Kindbett.

So kam das Baby zu dieser verarmten Verwandten nach Kuba.

Staatliche Zwänge geboten's: sie zog's als ihr eigenes auf."



"War?" stöhnt Othello, der nichts von dem wußte, "ist tot Desdemona?"

"Ja, mein Othello, sie litt um Dich, starb an gebrochenem Herzen.

Mehr noch - Sebastian nahm Kind und die finca, als wär es sein eigen."

Weinte Othello? Nein. Doch er glühte vor Rache, Sebastian zu töten.

"Sagt mir den Weg, edle Dame, nach Kuba zu kommen. Sofort."

"Das wird nicht leicht sein, mein lieber Othello, doch hör meinen Vorschlag:

Venezuela braucht mutige Männer, die Macht zu erhalten.

Bist Du bereit? Ich kann Reichtum, ein Schiff mit Besatzung versprechen.

Heute regiert noch Don Manuel. Aber das Land ist nicht sicher.

Umtriebe gibt es zu bannen, Verrat zu entdecken. Schlag ein!"



"Ja," sagt Othello. Und Manuel läßt zur Audienz ihn gleich bitten,

dankt für sein Wirken im Fischerdorf: "Musterhaft ist nun die Küste!"

Gibt seinem Kämmerer Weisung. Othello ist höchlichst zufrieden.

Manuel schenkt dem integren Kubaner sein ganzes Vertrauen,

weiht in die teuflischen Pläne ihn ein, die bezwecken den Putsch.

Trauer und Schmerz läßt Othello nicht zu. Doch er denkt stets an Rache.

Sterben muß dieser Sebastian! Sein Lebensglück hat er vernichtet.

Ohne zu zögern beginnt er das Werk, die Verräter zu fassen.

Da! Doña Ana tritt ein. Und sie lächelt: "Othello. Du kennst sie?"

Bei ihr ein Mädchen im Dämmer des Raums: "Consuelo." Die Lo!



Dies ist Othello, der Prinz von Navarra. Du sollst ihn begleiten.

Führ ihn durch Stadt und Palast. Zeig ihm alles, sei's gut oder böse.

Wisse, doch weißt Du das sicher, das Volk wird von Leuten beeinflußt,

die die Regierung bedrohen und finstere Mordpläne schmieden.

Tötet man mich und Don Manuel, ist's auch das Ende für Dich!"

"Bin ich ein Kind?" Consuelo war ebenso mutig wie reizvoll.

"Fürchtet Euch nicht. Eure Lo wird Euch helfen, die Chicos zu finden!

Scheinheil'ge Priester - so hör ich - verbreiten viel Angst von der Kanzel,

wollen das Volk aus dem Schutze der spanischen Krone vertreiben.

Allen voran ist der fürstliche Bischof von Aix, Jesuit."



"Treu hast Du stets uns gedient, Consuelo. Und nicht, weil Du mußtest.

Daher will fordern ich - nein - ich will bitten: heirat' Othello.

Opfre Dich Venezuela! Die Chicos soll'n Harmloses sehen,

glauben, daß einer von Kuba gekommen, um dich, Lo, zu freien.

Frei wirst Du trotzdem sein. Alles ein Scherz nur, die Hochzeit nur Schein.

So kann Othello als Bürger von Caracas frei sich bewegen.

Einer der Ihren, so wird er so mancherlei Wichtig's erfahren.

Wichtig vor allem: zu wissen, wer Haupt ist und Führer der Chicos.

Kennen wir jenen, ein Leichtes ist dann noch, das Spiel zu beenden.

Sage, Othello, und denk' an die Rückkehr - Du willigst doch ein?"



Aufruhr im Herzen verspürte Othello. Doch blieb er gelassen:

"Nun. Wenn's der Sache dient. Ich bin gewillt, Consuelo zu freien.

Und: Consuelo, sie opfert sich - sagtet Ihr -Venezuela.

Also erkläre ich feierlich: Ich bin bereit zu dem Opfer!"

Lacht Consuelo? Sie zuckt mit den Schultern und sagt nur: "na gut!"

"Ich und die Krone, Lo, werden Dir danken mit reichen Geschenken.

Arm warst Du niemals, Dein Oheim, Don Manuel, kann es bezeugen.

Tochter der unsäglich reichen Familie der Welser aus Augsburg,

gibst Du dem Land unsrer Väter die Möglichkeit, weiterzuleben.....?"

"Lo," sagt Othello. Solch "Opfer" zu bringen, das fiel' ihm nicht schwer!



TROCHÄUS, Tetrameter



Schweigend stand die schöne Consuelo nah beim Fenster,

machte weite Augen, so als sähe sie Gespenster.

Folgt der Mann aus Kuba Anas Wunsche nur gezwungen?

Hat sich wegen schnöden Mammons schwer hindurchgerungen?

Damals, nachts im Fischerdorf, da spürte sie ein Feuer,

suchte, wie schon oft, ein kleines Liebesabenteuer.

Fand es nicht. Incognito, der wollt'nicht mit ihr tanzen!

Diese Heirat! Keine Spur von süßen Hofromanzen!



JAMBUS, Trimeter



Da fühlt auf ihrer Schulter sie die Männerhand.

Sie dreht sich um, von seinem heißen Blick gebannt.

Mit tiefer Liebe er der Lo ins Antlitz schaut.

Tatsächlich sagt er zu ihr: "Meine liebe Braut!"



Sie lächelt. Doña Ana wendet sich zum Gehen

und sagt: "Es wird schon alles gut. Ihr werdet sehen:

in einem knappen Monat werdet Ihr getraut.

Ihr zieht in den Palast, den Karl(10) uns noch gebaut."



So soll es sein. Zu diesem wunderbaren Feste

der Hof lud ein des Reiches weltberühmte Gäste.

Der Herold kündet es im ganzen Lande laut:

"An diesen Tagen gibt es keine Wegemaut!"



Mit viel Gefolge kommt gereist Philipp von Spanien

und auch, mit Frau, der Herzog von Oranien,

die damals bei Valdivia in Chile weilten

und, hörten sie die Nachricht, flugs nach Guaira eilten.



Der hoch gewachsne Häuptling Ka der Karuaken,

in seiner nackten Brust die großen Spiegelhaken,

die seinen Leib symmetrisch in zwei Hälften teilten

mit Narben, die nach sieben Jahren erst verheilten.



Die Gäste waren zahlreich, mehr als siebenhundert,

sie waren reich gekleidet, wurden viel bewundert

von allen Domestiken, die am Tor sich keilten,

und rauften um die Münzen von den Hochgestylten.



Fürstbischof Paul von Aix, der bei den Weißen Vätern

Prior des großen Klosters war, das nah Karthago,

er spricht beim Festmahl viel von Hexen und Verrätern,

und fragt Don Manuel; "Wo ist denn heut' der Jago?



Den hat man doch zu jedem Fest geholt nach Kuba.

Er konnt' so trefflich tanzen lassen die Kariben

und tanzte selber einst mit unserm Jacques Mahouba.

Wir alle lachten herzlich zu den Peitschenhieben."



DITROCHÄUS, Trimeter



Consuelo, die des Bischofs Rede grade hört,

wendet sich Othello zu, der ganz empört

diese widerliche Schilderung vernimmt,

sagt zu ihrem Mann ganz leise: "Ja. Das stimmt!

Jago wird vom Bischof immer herbefohlen.

Und er weiß: beim Bischof ist viel Geld zu holen,

wenn er auftritt mit der Peitsche. Manche Gäste

schaudern wohlig im Palais bei solchem Feste.

Onkel Manuel hat leider die nicht Stärke,

Paul von Aix zu stoppen bei dem Teufelswerke.

Irgendetwas gibt ihm Macht, das unbekannt.

Paul hat meinen Onkel fest in seiner Hand.

Tante Ana sieht's und kann es nicht verhindern.

Bestenfalls kann sie die schlimmsten Schmerzen lindern."



"Sag mal, Lo, tief schwarz ist Jago und aus Kuba?

Groß? Mit Warze? - Was war mit dem Jacques Mahouba?"

"Ja. Das ist er. Jago. Und kein Freund von Jacques.

Jago kommt, wenn Aix ihn ruft mit Sack und Pack.

Peitschen bringt er, Drogen, Zaubermittel mit.

Wenn den Fürstbischof der Teufel wieder ritt,

zieht mit Jago er, im Blutrausch wild geworden,

Indios zu bekehren und, wenn nicht, zu morden.



DIJAMBUS, Trimeter



Nicht weit von der Lagune auf dem kleinen Hügel,

da rasten sie und trinken, fallen alle Zügel.

Indianer kommen, nackt und wie von Gott geschaffen,

sind schön gewachsen. Das gefällt dem geilen Pfaffen.

Er lockt sie an mit Rum und kleinen Gastgeschenken,

und Jago, dieser Kerl, kann bald nichts andres denken,

als: die Kariben heftig mit der Peitsche schlagen.

Und, schüchtern, diese Armen nichts zu sagen wagen.

Doch einmal mußte Jacques mit, abgefüllt mit Drogen.

Der Jago nackt, und Jacques wird von ihm ausgezogen.

Was dann passiert? Ich kann und will nicht drüber sprechen.

Nur soviel: Es war Unzucht und ein Hauptverbrechen!

Die Indios waren außer sich und voll mit Rum.

Der Jacques Mahouba blieb bis heute taub und stumm."

JAMBUS



Und was muß noch gescheh'n? Othello sieht sie liebend an:

"Wir feiern heute Hochzeit froh. Und traue Deinem Mann.

Sei unverzagt. Ich glaub' ich weiß was Deinem Onkel fehlt.

Der Paul von Aix, der gibt ihm Stoff, wenn ihn was quält.



Erpreßt ihn auf subtile Art und macht aus ihm den Affen.

Der Onkel wird zum Kinderball, zum Werkzeug für den Pfaffen.

Und Doña Ana schweigt: Sie will den Gatten nicht blamieren.

Doch weiß ich eine Medizin, den Onkel zu kurieren.



Du kennst doch diesen hohen Berg, der stets verhüllt im Nebel.

Man sagte mir im Fischerdorf, ganz oben dort wohnt Mabel.

Sie ist ein altes Kräuterweib, kennt Pflanzen, Blüten, Rinden;

liebt ihren "Lord of Caracas", wird Heilung für ihn finden.



Sie kennt des Menschen Leib und Seel', ist überhaupt sehr weise.

Wir nehmen Deinen Onkel mit auf eine kleine Reise

und weihen Doña Ana ein. Für andre: "wir geh'n jagen."

Gesund wird Onkel Manuel in längstens sieben Tagen!



Um Jacques Mahouba mach' ich mir die allergrößten Sorgen:

ich fürcht', so taub und stumm er ist, so wird er sein noch morgen.

Was Du mir nicht erzählen willst, das hab' ich schon erraten:

Jacques' Seele ist zutiefst verletzt durch Jagos "Heldentaten".



Wie alle de Mahoubas auch ist Jacques ein Hugenotte

und floh, weil er nicht enden wollt', wie andre, am Schafotte.

Er ist ein Christ wie Du und ich, wenn's auch nicht alle glauben.

Denn Gott ist gleich für schwarz und weiß, die Blinden wie die Tauben.



Er wohnt in unserm Fischerdorf, im Hause des Alcalde,

und macht sich nützlich wo er kann, am Meer und auch im Walde.

In Frankreich war er sehr berühmt, jetzt nur noch Leichtmatrose

und trägt an seinem rechten Arm die tätowierte Rose."



"Laß nun die Rose, lieber Mann, und denken wir mal praktisch:

wie heilen wir den Onkel rasch, und nicht nur prophylaktisch?

Was wird mit Jacques? Und können wir wohl eine Lösung finden,

die Kur für Jacques und Manuel aufs beste zu verbinden?"



Die Lo war eine kluge Frau und oft sogar gerissen.

Sie baute Pläne wie ein Mann von Ehre und Gewissen.

Noch vieles wurd' beraten und geplant in dieser Nacht.

Noch niemals hat ein Hochzeitspaar so heftig nachgedacht.



DAKTYLUS, Hexameter



Nach einem Frühstück, gereicht von bezaubernden jungen Mulatten,

sprach Consuelo mit Ana: "Wie heilt man den kränkelnden Gatten?"

während Othello versonnen betrachtete eins der Gewehre:

"Jagt mit Don Manuel einige Zeit nah dem Meere!



Jacques de Mahouba ist Maître de Chasse, und er soll uns begleiten.

Laß schon mal packen. Du weißt, Consuelo: nicht viel, denn wir reiten."

"Gleich nach der Hochzeit zur Jagd? Das ist neu und gefällt mir vorzüglich."

Ana ist eingeweiht. Alles ist recht ihr und stimmt sie vergnüglich.



Manuel freut sich und sagt in der Kutsche zur liebenden Gattin:

"Kann ich denn reisen, mein Herz? Und Du fühlst im Palast Dich nicht einsam?"

"Ach, nicht die Bohne," lacht Ana, "ich hab'keine Angst und vor gar nichts.

Jag' nur mit Lo und Othello. De Mahouba wird gut für Euch sorgen.

Meine vertrauten Berater und Freunde sind um mich: Du weißt.

(Fürstbischof Paul und die anderen Unruhestifter - vergiß sie!)(11)

Aix hat nach Jago verlangt. Doch der kam nicht. Man weiß nicht, weswegen.

Hört' ich aus Kuba von mancherlei Schätzen - das wird wohl der Grund sein.

Jedenfalls, sorge Dich nicht. Wenn der Jago nicht kommt, herrscht hier Frieden.

Schutzengel wird Consuelo Euch sein und Mahouba Euch führen,

er kennt das Land bis zur Ostkordillere und weiß jeden Pfad."



Jacques de Mahouba sitzt still in der Sonne am Haus des Alcalden.

Er ist mit gar nichts beschäftigt, und Trauer umflort seine Augen.

Denkt er an Frankreich, an fröhliche Tage und glückliche Nächte?

Ach! Seine Braut nahm der Scherge in Haft. Sie ward nie mehr gesehen..

Anderntags kamen die Häscher, ihn auch noch zu fangen: er floh!

Floh, ohne Abschied zu nehmen von Eltern und Schwestern, zum Hafen,

fand auch ein Schiff, das ihn mitnahm nach Kuba als simplen Matrosen,

traf dort Matthias von Bayern; sie redeten viel über Ziegen,

blieb dann in Kuba. Und Jago, der Mistkerl, verschaffte ihm Drogen.

Nahm sie, war glücklich und elend zugleich. Dann geschah, was geschah.





Marco, Alcalde des winzigen Fischerdorfs, fand ihn am Wege.

Trägt in sein Haus ihn und sieht seine Wunden und ruft Magdalena.

Wunden, die lassen sich heilen. Der Leib wird kuriert - doch die Seele?

Gnädige Nebel verhüllen bisher, was der Jago ihm antat:

Tot seine Seele, versiegt seine Stimme, und taub ist sein Ohr.

Eben genesen, da hilft Jacques Mahouba den Männern beim Fischen,

zeigt auch den Frauen ganz neue Rezepte. Sie lernen begierig,

kochen den Männern die köstlichsten Mahlzeiten. - Die sind zufrieden,

schauen verwundert, wie Jacques in der Küche vortrefflich sich anschickt.

Doch de Mahouba ist stumm und ist taub, gilt den meisten als Depp.



Da kommt Othello zu Pferd. Consuelo auf prächtigem Schimmel

redet mit Jacques. Der versteht nichts, doch sieht er die kostbaren Waffen.

Wollen die beiden zur Jagd? Jacques Mahouba ist freudig erschrocken,

greift an die Zügel der Pferde und zeigt auf den schattigen Brunnen.

Mit einer freundlichen Geste begrüßen sie Jacques, und dann sitzen sie ab.

"Hör mal, Othello, Mahouba ist taubstumm und kann uns nichts sagen!"

"Laß nur, mein Liebchen, er sieht, was wir wollen und wird uns begleiten.

Jacques de Mahouba ist Meister der Jagd, und er kennt diese Berge.

Gib ihm die Büchse und auch diese Kleidung. Er wird das verstehen.

Jacques nimmt mit Staunen das an, und er blickt auf die beiden. Und strahlt!



"Marco," ruft Lo. Und der kommt. "Euer Jacques wird zur Jagd uns begleiten."

"Ehre für uns, hohe Frau, und auch Freude, denn Jacques ist nicht deppert.

Manche im Dorfe, die meisten wohl, meinen, wer stumm, der auch dumm ist.

Jacques kann nicht reden, doch lachen. Drum hoff' ich, es gibt eine Heilung.

Auch scheint von hohem Geblüt er und bester Erziehung. Von Rang!"

"Deine so glückliche Hand hast Du, Marco, schon einmal bewiesen.

Einmal schon rettetest Du einen Mann vor dem sicheren Tode!

Sag' mir nun endlich, wie kam übers Meer ich nach Venezuela?

Tausende Meilen von hier stürzte Jago mich damals ins Cello."

"Dieses entsetzliche Loch an der Steilküste Kubas. Nicht wahr?"



Marco wird nachdenklich: "Kennt Ihr die Strömungen südlich von Kuba?

Dort sieht man häufig Delphine, sie bilden gewaltige Schulen,

spielen im Meer miteinander, erst recht in der tosenden Brandung.

Wißt Ihr, mein Prinz, daß Delphine den Menschen verwandt und sie lieben?

Ohnmächtig wart Ihr. Delphine, sie brachten Euch sicher an Land.

Wisset, an nämlichen Morgen, als wir Euch am Strande gefunden,

sahen wir zahlreiche Fische versammelt, ganz nah bei der Küste.

Einer, der größte, schwamm näher und schaute, wie wenn er uns sagte:

'Ist er in Sicherheit? Heilt diesen Mann, den wir sorglich Euch brachten!'

Himmlische Fügung war's. Danken wir Gott. Anders kann es nicht sein."



Lo sieht Othello, den Liebsten, an: "Hier wird erbaut die Kapelle.

Hier war der Ort Deiner Rettung und auch der Beginn unsrer Liebe!" -

Jacques de Mahouba kommt, jagdlich gekleidet. - "So wollen wir reiten!"

Jacques sieht ein Pferd. Ist das seines? Othello bestätigt es nickend.

Leuchtenden Auges steigt Comte de Mahouba aufs Pferd. Auf sein Pferd!

Vor dem Palast stehen weitere Rosse von edelstem Blute:

Jedem zum Wechseln ein Pferd, Doña Ana hält selbst sie am Halfter.

Hunde, zum Stöbern dressiert, und ein Condor beachtlicher Größe.

Er gehört Manuel, jagt von der Faust aus die wilden Kaninchen.

Ana verabschiedet alle. Dem Gatten gehört ihr Gebet.

AMPHIBRACHYS, Hexameter



Erst reiten die Vier, von den Hunden begleitet, durch lichtere Wälder.

Dann neigt sich der Abend, Don Manuel, ermüdet, gibt Zeichen zum Halten.

Der Maître de Chasse geht allein auf die Pürsch und erlegt ein Pecari.

Er weidet es aus und zerlegt es zum Braten, den Rest für die Hunde.

Othello entfachte ein prächtiges Feuer. Und schon wird es Nacht.

Sie braten die saftige Keule und lauschen gespannt in die Wildnis.

Im Hintergrund leuchten zwei Augen. Es raschelt. Und fort ist der Jaguar.

Die Hunde verspürten die Nähe des Raubtiers. Jacques pfeift sie zur Ruhe.

Sie folgen dem Stummen gehorsam und drücken sich näher zusammen.

Othello und Lo stehen nah bei den Pferden, die unruhig schnauben.

Othello besänftigt die edlen Geschöpfe, im Arme die Lo.



Mahouba tranchiert nun das köstliche Wildbret, das wunderbar duftet.

Er hat es gewürzt mit den kräftigen Kräutern und Beeren des Waldes.

Im nahegelegenen Hain pflückte Lo jene kleinen Bananen

von wunderbar starkem Aroma. Doch Manuel zittern die Hände.

Sein Atem geht schnell. Und er holt eine Dose, verschwindet im Wald.

Othello will folgen. Doch sagt Consuelo: "Laß geh'n ihn. Er braucht das.

Nach kurzem wird Manuel wieder erscheinen - und schon ist er ruhig."

"Wir müssen Don Manuel helfen. Er richtet das Land sonst zugrunde!"

"Das werden wir sicher. Geduld nur. Ich hoff' auf die irische Mabel."

Der Staatsgouverneur kommt zurück, ist ein andrer, wie Lo es beschrieb.



Sie sitzen gemeinsam beim Feuer, genießen den knusprigen Braten.

Don Manuel lächelt versonnen, bedeutet Manhouba, zu spielen.

Othello wird ärgerlich: "Laßt doch Don Jacques de Mahouba zufrieden!"

Doch der holt die Flöte hervor aus dem Wams, die Don Manuel ihm schenkte.

Er spielt eine Weise, so klar und so schön, und als wär' er nicht taub.

"Ich glaube, er hört, was er spielt," sagt Othello und packt ihn am Ärmel:

"O Jacques, ist es wahr? Ist ein Wunder geschehen? Du hörst? Kannst Du sprechen?"

Der legt seine Hand an die Lippen, verneint es mit traurigen Augen.

Doch Manuel springt auf, geht zum Pferde, kommt zurück, in der Hand eine Flasche.

"Dies trinken wir. Vivat! Gesundheit uns vier! Es ist spanischer Wein!"



Sie schlafen in sternklarer mondheller Nacht, von dem Feuer behütet,

geschützt durch die lodernde Flamme vor allerlei wildem Getier.

Der Morgentau weckt sie, und Manuel geht mit dem Döschen von dannen.

"Und heute ist Schluß!" Consuelo erhebt sich und folgt ihrem Onkel.

Sie bringt ihn zurück. "Du bist süchtig!" Und endlich gibt dieser es zu.

"Und was soll ich tun? Ich verachte mich selbst, doch ich brauche die Droge!"

"Nicht weit von hier, lieber Don Manuel, liegt ganz verborgen die Hütte."

Othello berichtet von Mabel, sie heilte schon viele Gebrechen

mit uraltem Wissen aus Irland, der Burg ihrer Väter (versteht sich).

Don Manuel hört es. Er denkt an sein Land. Ist zu allem bereit.



Er zittert. Doch gibt er die Dose Othello: er soll sie bewahren.

Dies nur für den Fall, daß die Hütte zu weit und zu groß das Verlangen.

"Nun gib ihm vom spanischen Wein!" Consuelo ist stolz auf den Onkel.

Sie öffnet die bauchige Flasche mit schwerem berauschenden Jerez.

Begierig nimmt Manuel Schlückchen für Schlückchen und fällt fast vom Pferd.

Der Staatsgouverneur kommt gefährlich ins Träumen. Othello muß lachen.

Und Jacques springt vom Pferd mit gewaltigem Satz auf das Roß von Don Manuel.

Gelehnt an den Rücken des stummen Franzosen ist Manuel sicher.

So reiten sie, pausenlos, ohne zu halten, durch bergige Wälder,

durch Bäche und dichtes Gestrüpp, sehen endlich die Hütte: das Ziel!



DAKTYLUS, Hexameter



Mabel von Irland verlor Maximilian, den Mann und Ernährer,

wollte in Caracas länger nicht bleiben und zog in die Wälder.

Mitten im Urwald, die Hütte von eigenen Händen errichtet,

lebt sie dort völlig vereinsamt im Schmerz um den zärtlichen Gatten,

weiß von den Ahnen die heilsame Wirkung der Blüten am Bach,

sammelt und trocknet sie, hilft sich dann selbst mit dem Mut der Verzweiflung.

Manchmal besucht sie der Häuptling der Indios, genannten Karuaken.

Ka ist ihr Frend, denn sie half ihm, die Mutter vom Fieber zu heilen.

Frauen vom Fischerdorf suchen sie auf, ihren Rat zu erbitten.

Kräuter und Wurzeln bekam Magdalena. Othello genas.



Jacques de Mahouba entdeckte die Hütte der Mabel als erster,

lenkte das Pferd, das Don Manuel trug und ihn selbst, an den Eingang.

Lo und Othello begriffen sofort: hier herrscht Ruhe und Frieden.

Hilft uns nicht Mabel, ist Venezuela für immer verloren!

"Klopf an die Tür, mein Othello." Da kam auch schon Mabel heraus.

"Schafft mir den Kranken ins Haus. Und ihr müßt mir nicht sagen, was los ist.

Rauschgift sah ich auf dem Schiff schon, das steuerte Christoph Columbus.

Legt ihn aufs Bett. Er schläft weiter. Und tränkt Eure Pferde und Hunde.

Wollt Ihr was essen? Ich habe nur wenig. Im Wald könnt Ihr jagen."

Jacques und Othello versorgten die Tiere. Ins Haus folgte Lo.



"Hilf mir, den Spanier zu waschen," sagt Mabel, "er hat es wohl nötig.

Ja, es war richtig: Der Jerez stellt Süchtige erst einmal ruhig."

'Schön resolut ist die Alte,' denkt Lo. 'Sie kann Manuel helfen.'

Mabel bereitet am Herd einen Sud von besonderen Kräutern,

tränkt dann ein Laken mit jenem Gebräu, wickelt Don Manuel ein.

"Lauf nur und schau nach den Männern. - Der eine erscheint mir recht seltsam.

Kann er nicht sprechen und will er nicht hören? Was ist da geschehen?"

"Also - ich glaube," sie zögert - "es ist was geschehen. Der Jago...

war mit dem Erzbischof - wie soll ich sagen nun - bei den Kariben."

"Ka hat mir alles erzählt. Es war grauenvoll. Schweig nur. Ich weiß.



Gott wird an Jago und Paul bald sich rächen. Und nicht erst im Himmel! -

Jacques de Mahouba heißt jener? Nun also. Ich werde ihn heilen.

Erst aber braucht dieser Mann meine Hilfe. Sonst ist er verloren.

Gib diesen Tee ihm. Er merkt nichts davon und muß schlafen. Nur schlafen.

Dann hat er alles vergessen. Vom Gift ist sein Körper befreit.

Frei sein wird auch seine Seele, verschwunden die Gier nach der Droge.

Staatsgouerneur, ja? Dein Onkel? Des Königs beauftragter Herrscher?

Venezuela, dies herrliche schreckliche Land, kann sich freuen.

Aber ich bitte Dich: Warne den Onkel vor andern Gefahren.

Bíschof von Aix zieht die Fäden zu einem gewaltigen Putsch!



Vorgestern brachte die Nichte aus Frankreich mir dafür Beweise.

Mächtig ist Paul, und bei Hofe in Gallien gerne gesehen.

Er hat geheime Kontakte zu Kreisen, die Spanien nicht grün sind.

Habsucht und Gier nach den Schätzen des Landes sind seine Impulse.

Schlägt ihm Don Manuel nicht bald auf die Finger, verliert er das Land."

"Sagt, edle Mabel, wie wißt Ihr das alles und lebt doch so einsam,"

fragt Consuelo und flößt ihrem Onkel noch etwas vom Tee ein.

"Nun. Ich war vierzehn. Da schickten die Eltern die Kleine ins Kloster.

Dieses befand sich in Frankreich und nahe der spanischen Grenze.

Höfische Sitten, geziemend dem Adel, das war nichts für mich.



Also entfernt' ich mich heimlich vom Kloster und reiste nach Spanien.

Traf Maximilian, den Jüngsten der edlen Familie aus Cádiz.

Brennende, glühende Liebe verband uns seit jener Sekunde.

Er war zum Hafen gekommen und wollte Columbus begleiten.

Feuer und Flamme war ich. Ging als Junge mit ihm auf das Schiff.

Monate dauert die Reise - entdecken dann Venezuela."

Mabel erneuert das Laken. Don Manuel atmet ganz ruhig.

"Gingen von Bord. Da kam Karu, der Vater des jetzigen Häuptlings,

nahm die Geschenke mit freundlicher Miene und rief seine Männer.

Staunend betrachten uns alle. Doch Karu erkennt mich als Frau.



Fragend sieht Karu mich an, und dann legt er die Hand auf die meine,

holt Maximilian und führt uns dann beide zu Christoph Columbus,

Sicher erfühlt er die Liebe des Mannes zum Mädchen im Rothaar.

Sprache ist nötig nicht. Blick und Bewegung genügt, zu verstehen.

Christoph Columbus, mit Karu als Zeugen, er hat uns getraut.

Dann gab's ein fröhliches Fest auf dem Schiff wie am sonnigen Strande.

Karu rief Frauen und Kinder herbei, und sie tanzten und sangen.

Manchmal verschwand ein Matrose mit schwarzbrauner Maid in den Wäldern.

Das war ein Fest, wie ich nimmer im Leben es jemals gesehen.

Anderntags baute uns Karu ein Haus. Das hieß Caruacas.(12)



Glücklich verlebten wir dort drei Jahrzehnte mit Pflanzen und Fischen,

öfter von Karu besucht, der uns brachte die köstlichsten Früchte.

Karu, der Häuptling, und ich lernten bald miteinander zu reden.

War jemand krank, konnt' ich helfen und heilte die meisten Gebrechen.

Dann, an der felsigen Küste, kam Sturm. Maximilian starb.

Unwiederbringlich entriß mir den Mann die gewaltige Welle.

Leer dieses Haus mit dem Namen des Stamms, den wir beide so schätzten.

Hier konnt ich länger nicht bleiben. Mich zog's hinaus in die Wälder.

Da also bin ich. Ich lebe ganz gut, und ich helfe den Menschen.

Sehen wir also mal nach, wie's dem schlafenden Manuel geht.



AMPHIBRACHYS, Hexameter



Er atmet ganz leicht. Sein Gesicht ist gelöst, und er lächelt im Schlaf.

Ich denke, nach wenigen Tagen ist Manuel wieder genesen."

Frau Mabel erhebt sich, erneuert den Wickel noch einmal: "Sie kommen!"

Das Hundegebell ist von fern zu vernehmen. Doch hört man auch Schritte.

Sie öffnet die Tür, und herein tritt ein Mädchen mit goldblondem Haar,

begrüßt ihre Tante und trägt in den Händen ein Körbchen mit Pilzen.

"Hey, Mary, wir haben Besuch!" Consuelo begrüßt sie auf Spanisch.

Da nahen die Jäger. Herein kommt Othello und mit ihm Mahouba.

Der Comte reißt die Augen auf. Als er das Mädchen sieht, ringt er nach Atem.

Er öffnet die Arme. Sie stürzt sich hinein. Und er spricht!! "Marie Claire!"



Ein Wunder! Ein richtiges Wunder geschah durch die Macht großer Liebe.

Sie sehen sich an, und sie halten sich fest. Und ihr Kuß nimmt kein Ende.

Das Mädchen erzählt, wie ihr Freunde geholfen, zu flieh'n aus dem Kerker.

Othello umarmt Jacques Mahouba: "Du kannst wieder sprechen! Unfaßbar!"

Die Lady aus Irland kniet still in der Ecke und spricht ein Gebet.

Dann schickt sie sie alle hinaus in den Garten: "Don Manuel braucht Ruhe."

"Ich hab es gewußt, daß der Jacques wieder spricht, doch noch kann ichs nicht glauben."

Die Lo ist erschüttert, wie alle, und jeder will Jacques noch was fragen.

Doch kann der nicht sprechen. Sein Mund ist besetzt und steht nicht zur Verfügung.

Mit Flaschen und Bechern kommt Mabel: "Don Manuel schläft sich gesund."



"Da kommt ja der Ka," sagt Othello. Der Häuptling begrüßt sie mit Freude.

Er spricht ihre Sprache und setzt sich zu ihnen und fragt nach den Plänen:

"Die Chicos woll'n Manuel vernichten. Der Erzbischof Aix ist ihr Führer."

"Der Paul ist ein Schwein!" Marie Claire hat's nicht leicht mit der spanischen Sprache.

"Er pflegt die Verbindung zum Hofe von Frankreich. Hat Böses geplant."

Othello meint einfach: "Ich werd' Monsieur Paul des Verrats überführen.

Und laßt mich nur machen. Ich weiß, was ich tue und bring' Euch Beweise.

Der Comte de Mahouba, der wird mich begleiten. Den Grund dazu hat er."

"Oh ja," sagt Mahouba, "den hab' ich: Der Bischof verschlug mir die Sprache!"

"Und Manuel?" Mabel ist sicher: "Zwei Tage. Dann ist er gesund."



AMPHIBRACHYS, Tetrameter



Mit Braut geht der Comte de Mahouba zur Küche.

Von dort aus verbreiten sie Bratengerüche.

Und bald wird das Wild, mit den Pilzen garniert,

zum spanischen Jerez im Garten serviert.



"Bevor Onkel Manuel wieder gesundet,

hat Ka schon das Nest in der Stadt ausgekundet,

wo Erzbischof Paul sich die Chicos versammelt.

Das findet der Ka, und sei's noch so verrammelt."



So sagt Consuelo. "Othello und Jacques,

die folgen und lauschen dem tückischen Pack.

Sie schleichen so leise wie indische Tiger,

und Ka bringt zur Sicherheit mit ein paar Krieger."



Gesagt, wie getan. Es erwachte am Morgen

ein Manuel, frei von Begierden und Sorgen.

Er sprang aus dem Bett, holte Flinte und Säbel.

Das war das Verdienst von der irischen Mabel!



Und schon kommt der Ka und berichtet das Neuste -

er war von Othellos Gefährten der treuste:

"Im Hafen La Guaira wird Paul alle treffen,

die Paten der Chicos und selbst ihre Neffen.



Nur können bei Mabel wir länger nicht weilen.

Das Treffen ist Dienstag; man muß sich beeilen."

Don Manuel kommt das vortrefflich gelegen.

Er reitet mit Tatkraft und irischem Segen.



Und auch Marie Claire ist entschlossen, zu reiten:

"Ich bin Euch von Nutzen und werd' Euch begleiten.

Im Lande, da kennt man mich nicht, und ich denke,

ich tanze den Chicos was vor in der Schenke."



"Unmöglich," sagt Jacques, "Du bist wirklich von Sinnen!

Du willst wohl mit höfischen Tänzen beginnen?"

"Oh nein. Ich kann andere Tänze, ganz wilde,

die lernt' in Marseille ich bei Fräulein Mathilde.



Sie war's, die mir half, aus dem Kerker zu kommen

und hat mich in sichere Obhut genommen.

Die Chicos, die sind garantiert von der Leine:

So blond, wie ich bin, sah'n bestimmt sie noch keine."



Der Comte de Mahouba hat nichs mehr zu fragen

und kann Marie Claire diesen Tanz nicht versagen.

Er sieht die Gefahr, doch kann Streiten nichts nützen.

Zum mindesten wird er sein Bräutlein beschützen.



Don Manuel wird zum Palast sich begeben.

Er ist zu bekannt und zu wertvoll sein Leben.

Die Lo ist vernünftig. Sie wird ihn begleiten

und helfen, dem Bischof Empfang zu bereiten.



Der Ka wird die Krieger am Hafen verstecken,

um keinerlei Argwohn der Chicos zu wecken.

Sie lassen Her Highness zurück voller Rührung.

Don Manuel bittet Othello um Führung.



Den Weg zu Frau Mabel: im Rausche verschlafen!

Der Prinz von Navarra führt sicher zum Hafen.

Und Venezuela: sie werden es säubern

von finsteren Bischöfen, Mördern und Räubern!



DAKTLYLUS, Tetrameter



Hart an der Klippe, da liegt die Kaschemme.

"Paul kommt demnächst mal ganz schön in die Klemme:

Außer dem einen gibt's hier keine Wege.

Erzbischof ist er. Doch nie ein Stratege."

Ka weiß Bescheid. Kennt sich aus im Gehege.



Sturm weht landab, wie vor jedem Gewitter -

passendes Wetter für unsere Ritter -

Blitze und Donner. Vom Meere das Rauschen!

Jacques und Othello beginnen zu lauschen,

seh'n das Gewand ihrer Dame sich bauschen.



"Ich geh' hinein. Dieser Wind ist nicht fair!"

"Laß das mal ruhig noch sein, Marie Claire!"

Jacques will die Chicos mit Paul noch nicht stören,

all die Geheimnisse möchte er hören,

wissen, wozu sich die Schufte verschwören.



Ka, der verständigt gerade die Krieger.

Sie werden kämpfen und siegen, die Tiger.

"Wir werden Manuel weiter traktieren,

füllen mit Drogen ihn. Werden regieren!

Und seine Günstlinge weiterhin schmieren,"



spricht mit den Chicos der Paul in der Stube.

"Nur - Doña Ana gehört in die Grube.

Die ist für keinerlei Drogen empfänglich.

Aber auch sie ist ein Mensch und vergänglich.

Gift ist die Lösung. Und seid nicht so bänglich!



Hab' ich nicht reichlich Euch Gold schon gegeben?

Was ist dagegen ein einziges Leben?

Chicos, Ihr seid doch auf Gold so versessen!

Pepe, Du mischst ihr das Zeug in ihr Essen.

Stirbt sie - Dein Lohn wird Dir fürstlich bemessen!"



Pepe, der Küchenknecht, fuchtelt begeistert,

hat schon so manche Intrige gemeistert,

auch schon so manches Stück Wild unterschlagen,

schaut in die Runde mit großem Behagen:

Heut' ist der Star er. Das kann mal wohl sagen!



Paul sagt den Chicos: "Nun also. Ich denke,

Zeit wird's, zu trinken ein Glas in der Schenke.

Nämlich im Schankraum sitzt einsam beim Weine

so eine goldblonde, liebliche Kleine.

Die will ich haben! Und hätt' ich sonst keine."



Erzbischof Paul geht hinein, lächelt milde,

sieht in der Ecke ganz hinten paar Wilde.

Heut' scheinen diese ihn gar nicht zu stören.

Er will die goldblonde Maid nur betören:

"Leute! Musik! Laßt was Flottes mal hören!"



Voll wird die Kneipe mit fetzigen Tönen.

Paul, in Verkleidung natürlich, zur Schönen:

"Würden Madame es mir gnädig gestatten -

seid Ihr allein? Ich bin Paul van der Latten,

forsche im Land über hängende Matten."



"Très enchantée," flötet zart Marie Claire,

"ich bin Maria. Doch setzt Euch nur her.

Forscht Ihr auch über die Tiere und Pflanzen?

Das intressiert mich im großen und ganzen. -

Kann man nach dieser Musik denn auch tanzen?"



"Aber gewiß doch. So darf ich Sie bitten?"

Ohne zu zögern zum Tanze sie schritten.

Wilder und wilder ertönte die Weise.

Sie gibt den Takt an. Der Tanz geht im Kreise.

Paul bleibt die Luft weg. Er flüstert ganz leise:



"Was ist das Ende vom wildwilden Tanz?

Hör' mich, Maria. Gehöre mir ganz!"

Die aber treibt es zu anderen Zielen,

wirbelt den Erzbischof über die Dielen,

winkt zu den Chicos, noch schneller zu spielen.



Wenn diese Männer auch sonst nicht viel taugen,

machen der Blonden die glühendsten Augen,

ihre Musik klingt schon jetzt animalisch,

nun wird das Tempo total infernalisch!

Paul darf nicht passen und fühlt sich bestialisch.

Mitten im Tanz: Paul von Aix hingesunken!

Und seine Chicos sind völlig betrunken.

Auf fliegt die Tür! Unter Donner und Blitzen

bleibt von den Chicos kein Mann auf den Sitzen,

wollen nur eins: aus der Kneipe entflitzen.



Hinter dem Tresen verkriecht sich der Bello.

Ka kommt und Jacques und der große Othello!

Nehmen den Bischof als ersten gefangen.

Alle die Chicos, die eben noch sangen,

wollen noch schnell bis zu der Türe gelangen.



Dann - vor der Tür: Karuakische Krieger

machen so manchen der Chicos zum Flieger,

stippen den Jungens ein wenig die Rippen,

weisen den Schurken den Weg zu den Klippen.

Meerwasser werden die nicht nur nippen!



"Haltet mir nur diesen Pepe zurück!

Paul sah ihn vor für das grausigste Stück:

der sollte töten mit Gift Doña Ana.

Paul sprach zu Pepe, dem dicken de Lana:

'Reichlich nimmst Koks Du mit Marihuana'."



Pepe und Paul sind gestellt und verhaftet.

Paul hat den Tanz mit Marie nicht verkraftet.

Fesseln, sie schneiden an Händen und Füßen.

Sieht, wie "Maria" und Jacques sich begrüßen.

Solch eine fand sich noch nie bei Pauls Süßen!



Ka und sein Trupp werden bei ihnen bleiben.

Ka wird die Schurken zu Manuel treiben.

Dies hat er Jacques schon zuvor angekündigt.

Grausam hat Paul an dem Volk sich versündigt,

das er seit Jahren so schwer noch bepfründigt.



Ein Karuake verändert die Fesseln.

Ka sagt: "Die Reise hier geht nicht mit Sesseln.

Nun. Hier gibt's keinerlei Sänften und Kutschen.

Paul! Auf den Knie'n wirst Du heute mal rutschen!

Das wird vertreiben die Lust, noch zu putschen.

Du hast genügend der Meinen geschunden."

Pepe, der wird an ein Pferd angebunden.

Als sie dann endlich zu Manuel kommen

werden den beiden die Fesseln genommen.

Manuel sieht sich den Paul an, den "Frommen".



Jacques spricht: "Nun kommt eine niedliche Folter."

Stößt ihn zum Kerker mit großem Gepolter.

Sagt zu Othello: "Gib mir mal das Döschen.

Paul hat ja völlig zerrissene Höschen,

und seine Kniescheiben blühen wie Röschen.



Aber wir sollten uns wirklich beeilen,

woll'n wir den Erzbischof heute noch heilen."

Nimmt von dem Rauschgift die größte Portion,

mischt sie mit Rum. Seine Stimme, voll Hohn:

"Warte nur, Paulchen. Ich komme ja schon!"



Reicht ihm den Becher: "Nun, Paul. Also trinke!"

"Lieber ich gleich in der Hölle versinke!"

Jacques de Mahouba, als jener sich weigert,

hat seine Dosis noch einmal gesteigert.

"Willst Du Musik? Doch hier wird nicht gegeigert!"



Paul reißt die Augen auf, flüstert, sehr bange:

"Sag, warum nimmt man nicht gleich eine Schlange?"

Wirft auf die Knie sich mit Jammern und Flehen:

"Hör damit auf! Ich will alles gestehen!"

Langsam sagt Jacques de Mahouba: "mal sehen...."



Manuel läßt es sich heute nicht nehmen,

sich in den Kerker hinabzubequemen.

"Na, lieber Paul, wie gefällt die Verwahrung?

Hast ja mit Koks wohl die meiste Erfahrung:

Also! Zufrieden mit flüssiger Nahrung?"



Paul hält Don Manuels Füße umklammert.

"Laßt diese Strafe!" Er zittert und jammert:

"Ich weiß es gut: Kokain für die Nase,

das gibt die reinste und schönste Ekstase,

keinesfalls aber mit Rum aus dem Glase!!"



"Sterben muß jeder, so hörte ich sagen,

kommt auch nur etwas vom Koks in den Magen.

Tagelang leidet er grausame Pein.

Meilenweit hört man den Ärmsten noch schrei'n.

Dann kommt er jäh in die Hölle hinein. -



Sprich!!" Der von Aix sprudelt alles heraus:

finstere Pläne mit Herrscher und Haus,

daß er Don Manuel ständig betrogen,

stopfte ihn voll mit den übelsten Drogen,

alles gesteht er in Bausch und in Bogen.



Daß er dem Pepe den Mord aufgetragen,

mußt' er Don Manuel ebenfalls sagen.

Manuel, Jacques und Othello beraten,

wie man bestraft solche furchtbaren Taten.

Paul wird - ganz klar! - in der Hölle gebraten.



Doch: auf der Erde hier muß er es büßen!

Kein kurzer Tod soll sein Ende versüßen:

Qualvoll sein Ende sei, bitter und lange -

sagt' nicht der Bischof soeben noch: "Schlange"?

Ka hat gelächelt. Da ist was im Schwange:



"Manuel wurde vom Bischof flattiert.

Paul hat das Land fast total ruiniert.

Wär' nicht die irische Mabel gewesen,

Manuel wäre wohl niemals genesen.

Nun greift mal durch mit dem eisernen Besen!



Kommt, hohe Herren! Heraus aus dem Tempel!

Stärkt Eure Macht durch ein Strafenexempel.

Aix wollte immer das Land Euch verderben,

schlug die Regierung beinahe in Scherben.

Gebt einen Tod ihm, dem Schuft, einen herben!



Cuaimapiña! Er hat keinen Schimmer:

Sperrt ihn mit diesem Geschöpf in ein Zimmer.

Paul, der wird sterben. Das Volk wird Euch danken.

Es wird begreifen, wer setzt hier die Schranken,

denken an jene, die elend ertranken.



"Ka, Du bist irre!" entgegnet Othello.

"Weißt Du, wie elend verreckte Marcello?

Ihn hat die Cuaimapiña gebissen!

Alle Organe sind langsam zerrissen,

Adern und Venen zersetzt und verschlissen."



"Hättest Du Jacques an dem Tage gesehen,

als diese furchtbare Untat geschehen,

dann wärst, Othello, Du besser im Bilde!

Ja! Für von Aix, der uns nannte nur Wilde,

ist diese Strafe von göttlicher Milde."



Manuel sagt zu Othello ein Wort.

Tief ihn das traf: "Das ist schlimmer als Mord!"

So ist die Sache geklärt und beschlossen,

auch, daß kein weiteres Blut wird vergossen:

Manuel, sehr gnädig, schickt Pepe zum Trossen.



"Aix! Wir erlassen Dir weitere Strafen.

Cuaimapiña wird heut' bei Dir schlafen."

Paul kennt das Wort nicht, ist freudig erregt -

Hat man die Schöne ins Bett ihm gelegt?

"Vuestra Merced - ich bin heftig bewegt!"



Alle geleiten den Bischof zur Zelle,

löschen das Licht: "Sie verträgt keine Helle!"

Schließen die Tür. Hören Pauls sanftes Flüstern,

zärtliche Worte, sehr liebreich und lüstern.

Jacques de Mahouba bläht spöttisch die Nüstern.



Bischof von Aix fand sein qualvolles Ende.

Manuel reicht dem Othello die Hände:

"Du willst nach Kuba. Dann nimm diesen Ring.

Schiff liegt im Hafen. Mein einzig Beding:

Daß es mit Lo bald Dich wieder mir bring'!"



Vieles verdanken wir Dir, Häuptling Ka!

Wenn wir Dich brauchten: Du warst immer da.

Maracaibo soll Dir nur gehören,

das will ich heilig und hoch hier beschwören.

Stets wird man Karus als Häuptlinge kören!



Jacques de Mahouba, für Jagos Verbrechen

wird Dich Othello ganz fürchterlich rächen.

Ihm laß die Rache!" Er reicht ihm die Hand:

"Frei' Marie Claire! Bleibe bei mir im Land,

lieblich und fruchtbar ist's - wie Dir bekannt ..."



JAMBUS, Trimeter



Drei Damen wandeln Arm in Arm im dunklen Garten.

Sie hören lautes Reden. Wollen nicht mehr warten

und nähern sich voll Spannung leise dem Verlies,

der Treppe, wo Mahouba Paul hinunterstieß.



Sie wissen, ohne daß es jemand ihnen sagt:

der Schurke Paul von Aix ist tot - von niemandem beklagt! -

Don Manuel durch Mabels Kunst der Sucht genesen -

noch niemals sind die drei so überglückt gewesen!



Othello steht schon in der Türe Rahmen.

Er spricht: "Kommt näher, hochverehrte Damen!

Cuaimapiña nahm am Bischof blut'ge Rache.

Nun ist das Land befreit und wieder Manuels Sache."



Don Manuel: "..... drum feiern wir ein großes Fest.

Und auch, weil Lo uns bald verläßt:

Othello hat noch wichtige Mission in Kuba.

Und Marie Claire bleibt hier im Land mit Jacques Mahouba...."



"Man hat mich nicht gefragt - ach, vielleicht Dich, chérie?"

"Kein bißchen," lacht Mahouba, "doch ich will Dich! Und wie!"

"...weil Häutling Ka hat Land und Freiheit alle Leute,

so feiern wir nicht einmal, sondern vierfach heute!"



Das wird ein Fest, wie es noch nie eins gab im Land!

Im Hof versammelt waren alle Karuaken,

Don Manuel und Ka, geschmückt mit allen Haken:

es wob von Herz zu Herz ein unzerreißbar Band.



Der starke Häuptling Ka und seine kühnen Krieger,

sie fochten diesen Strauß voll Mut und Kampfeslust,

das Böse zu vernichten erfüllte ihre Brust.

Zusammen mit den Weißen wurden sie dann Sieger.



Die Heimat Manuels wie Kas ist nun gereinigt

von aller Korruption. Und wie vom Schlaf erwacht,

genesen der Regent, nun wieder an der Macht.

Und niemand ist mehr da, der Karuaken peinigt.





DAKTYLUS, Pentameter

"Willst Du nicht, Manuel, Ka und sein Volk zu uns bitten?

Lange, zu lang, hat sein Reich unter Knechtschaft gelitten..."

Läßt Doña Ana den Häuptling und Manuel hören.

Ka aber meint nur: "Wir wolln im Palaste nicht stören,"

spricht dann mit Schalk in den Augen geflügelte Worte:

"No, Caruac's no son nunca jamás admitido 'n la corte!"



"Bueno! Dann kommen wir alle hinaus in den patio!

Das ist ja schließlich und endlich die maxima ratio.

Eine von uns, auch nicht hoffähig, ging gestern tanzen,

bis ein gewisser von Aix plötzlich fiel auf den Ranzen,

wollt' eine Blonde aus Frankreich, doch fiel ihm das schwer..."

"Das war ein Spaß," lacht nun Jacques und umarmt Marie Claire.



Plötzlich, im Park, durch die vollmondbeschienenen Bogen,

kommen die Frauen und Kinder der Karus gezogen,

alle mit Wildbret und köstlichen Früchten beladen,

selt'nen Gemüsen, Tortillas und riesigen Fladen,

haben den Kampf und die Wende zum Guten vernommen,

sind mit den Dankesgeschenken zum Hofe gekommen.



Manuel nimmt diese Gaben voll Freude entgegen,

sagt: "Daß Ihr kommt, ist Frau Ana und mir sehr gelegen,

wir wollen alle ein fröhliches Fest uns bereiten,

später Othello mit Gattin zum Hafen geleiten,

reisen die beiden doch morgen zum lieblichen Kuba..."

"Da ist was unklar mit Jago," sagt Jacques de Mahouba.



"Eins noch, Othello, das möchte ich herzlich Dich bitten:

Such' mir die Nichte. Sylvie Duroselle hat gelitten

schreckliche Unbill in Frankreich. Sie konnte entfliehen.

Blutenden Herzens ließ Jeanne, meine Schwester, sie ziehen.

Sie kam mit Glück auf ein Schiff, und auch dies fuhr nach Kuba,

Finde Sylvie, bring' sie her und verein' die Mahouba.



Frage im Hafen zunächst nach Sylvie Duroselle,

Augen so blau wie der Himmel und Haare so hell.

Sancho, maestro del puerto, hat sicher gesehen,

wohin sie ging und mit wem und was sonst noch geschehen.

"Blauäugig? Blond?" Häuptling Ka meint: "Euch fehlt ein Begleiter!"

Jacques und Othello, die nicken: "Na - das wird ja heiter!"



"Nicht, daß Ihr meint, ich wär' wild nur auf hellblonden Frauen!

Nein. Aber Jago, den kenn' ich, kein Mensch kann dem trauen.

Jago ist selten allein: Sebastián, der Devote,

steht für ihn Schmiere, ist Spitzel und williger Bote..."

"... und," sagt Othello. "Nicht zag', seinen Vetter zu töten!"

"Dann ist gewiß allerhärteste Strafe vonnöten."



"Gut! Capitán. Laßt gemeinsam uns gehen zum Hafen.

Morgen ist Vollmond. Ein Fest gibt es - niemand wird schlafen."

Und wie von Zauberhand steht vor dem prächtigen Schlosse

eine mit sechzehn Arábern bespannte Karosse.

"Auf nach La Guaira!" Die Kutsche begleiten Vielhundert:

"Mächtiges Schiff!" wird von allen gelobt und bewundert.



Ana tritt vor. Und sie tauft das Schiff: "CONSYLOMA!"(13)

Jubel braust auf - alles tanzt - und man singt: "La Paloma..."

Schon wird der Segler mit Früchten des Landes beladen:

"Nehmt reichlich Wein mit. Der kann Euch in Kuba nicht schaden!"

Manuel beordert die Fässer aus eigenem Keller:

Blanco, Rosado, Rioja, selbst Palmaciteller!



Dies wird ein Fest heute Nacht! Aller Anlässe Krönung:

Abschied, Genesung Don Manuels, der Völker Versöhnung.

Wein fließt in Strömen. Die Speisen sind nicht nur rein spanisch:

Ethnische Vielfalt! Es duftet ganz venezolanisch.

Alle sind fröhlich und singen. Don Manuel lacht:

Venezuela ist einig - weil er an der Macht.



Nach jenem Freuden- und Abschiedsfest, zeitig am Morgen,

als sich die Sonne noch hinter den Bergen verborgen,

stand Doña Ana allein in der mächtigen Halle,

und ihr Gemahl kam soeben vom fürstlichen Stalle.

"Jene Aráber von gestern," so sagte er heiter,

"schenk' ich Othello, dem mutig erfahrenen Reiter."



"Die wird er brauchen, die Sierre Maestra zu queren!

Schnell und gebirgsgewohnt, braucht man sie nichts mehr zu lehren.

Und," sagt dann Ana, "Sie reiten am besten im Schritt:

Ka und die Seinen, sie kommen dann mühelos mit."

Da muß Don Manuel plötzlich ganz fürchterlich lachen.

"Ana, was denkst Du im Köpfchen, dem hübschen, für Sachen!

Ka und sein Volk waren Krieger schon ewige Zeiten.

Seit es hier Pferde gibt, können ganz göttlich sie reiten.

Ja! Sie behandeln die Pferde mit Freundschaft und Liebe.

Diese gehorchen dem leisesten Ton - ohne Hiebe.

Besser versteh'n sie die Tiere als wir - unbestritten!

So ist es gut: Karuaken sind gleichfalls beritten."



Dann kommt Othello mit Lo, sie sind fertig zur Reise.

"Sprich von den Pferden noch nicht," sagt Don Manuel leise.

Ana, sie nickt. Und herein tritt auch Jacques mit der Braut.

Alle umarmen sich herzlich. Don Manuel ruft laut:

"Dies ist kein Abschied für immer - darauf Eure Hand!

Wie Eure Pläne vollendet, kommt wieder ins Land."



"Ja," blitzt Othello. "Sobald diese Untat gerochen,

die der verruchte Sebástian an mir hat verbrochen,

wie ich gefunden die Nichte Sylvie Duroselle,

komm ich mit Lo und Conchita, versprochen, ganz schnell...

Blick nicht so finster, das macht mir den Abschied so schwer!

Lieb ich doch Venezuela, und lieb ich die Lo viel zu sehr."



Jacques seufzt: "Ich wollte ja mit Euch. Doch sehe ich ein:

Manuel braucht meine Hilfe. So soll's denn nicht sein.

Du, mein Othello statt meiner, übst furchtbare Rache.

Jago muß büßen. Das bleibt die beschlossene Sache."

Draußen im Hof steh'n die Kutschen zur Abfahrt bereit.

"Auf, meine Lieben, zum Hafen! So langsam wird's Zeit."



JAMBUS, Trimeter



Am Hafen stehen Leute, viele hundert,

das elegante Schiff wird laut bewundert.

Othello steht mit Lo schon auf der Brücke,

da bildet sich im Landvolk eine Lücke.



Gespannt schaut jeder, was daraus wohl werde.

Da kommen sie, die sechzehn edlen Pferde!

Othello wird ganz bleich vor lauter Staunen.

Die Menge hört man wohlgefällig raunen.



Auf einem schwarzen Hengst: der Häuptling Ka,

der Karuaken Krieger folgen nah,

sie leiten die Aráber flugs an Bord.

Othello ruft zum Strand ein heißes Dankeswort.



Nun blähen stolze Segel sich im Wind.

Am Ufer winken Mann und Weib und Kind.

Nach Kuba weist der Bug des Seglers ganz genau -

er steuert weit ins Meer hinaus durch tiefes Blau.



Kaum hat man sich zum letzten Male zugewinkt,

da wird das Meer von einer Silberschar umringt.

Wie wenn die Morgensonne unterm Meere schiene;

"Die Retter Deines Lebens sind's," sagt Ka: "Delphine."



Und Ka erkennt das starke Leittier wieder:

"Othello, schau, da steigt er auf und nieder

und sieht uns an, wie wenn er etwas sage.

Er ist Dein Retter. Das ist keine Frage!"



"Ich dank Dir," sagt Othello, "edler Retter!

Und - sag mein Freund, was hältst Du von dem Wetter?

Am Horizont, da sieht es ziemlich übel aus:

Ich denk', ein netter kleiner Sturmwind wird daraus."



Die schöne Consuelo sah Othello zu:

"Dort hinten, dieser Sturmwind läßt mir keine Ruh.

Der könnte uns das ganz Schiff zerbrechen!! -

Und Dir gefällt's, mit diesem Fisch zu sprechen?!"



"Der Fisch hat mich gerettet. Brachte mich an Land,

als ich der Sinne ledig. Ka hat ihn erkannt:

Durch sein Dazutun ward das Leben mir geschenkt.

Ich bin ihm nah verbunden: höre, was er denkt.



Es ist, als kennt' ich ihn schon lange, lange Zeiten.

Der Fisch - er ist kein Fisch(14) - wird sicher uns geleiten.

Sieh hin: er drängt in eine Richtung unser Schiff,

geradewegs vorbei an diesem üblen Riff."



Nun kommt der Sturm auf. Haushoch türmen Wellen.

"Wir werden an dem Riff gewiß zerschellen!"

Jedoch der König der Delphine weiß genau:

er führt sie sicher übers Meer, das Grau in Grau.



Die Wellen toben wie noch nie! Der Sturm, der braust.

Die Mannschaft zittert. Lo sagt nur: "Mir graust!"

Da fängt auf einmal an das wilde Meer zu beben.

Und alles schreit. Nur einer flüstert: "Leben! Leben!"



Der Consyloma Segel sind schon längst gestrichen -

der Schwarm der Meerestiere nicht ein Deut gewichen.

Die "Fische" schwimmen nahe an des Schiffes Wandung,

sie leiten Consyloma durch die schwere Brandung.



Ganz plötzlich wird das Sturmgeheul zum Winseln:

das Schiff erreicht die kleinste von den Inseln,

die zwischen Caracas und Kuba lagen

und boten Schutz vor jeden Wetters Plagen.



Im Felsenrund, so sicher wie im schönsten Hafen,

da liegt das Schiff. Und alle können ruhig schlafen.

Othello sagt zu seiner Mannschaft heit'rer Miene:

"Nun danket Gott - und auch dem König der Delphine!"



Der Prinz Navarras legt den Arm um seine Lo.

Die fragt Othello, wie und wann, erst recht, wieso

er dieses Fisches Sinn und Trachten könnt' verstehen.

"Ich fühl' es mit dem Herzen. Und ich kann es sehen."



Der Häuptling Ka, vom Unterdeck emporgekommen,

hat jene Worte, die Othello sprach, vernommen:

"Vom König der Delphine geht ein festes Band

zu Deinen Mann: er brachte ihn ans sich're Land.



Man weiß schon lang, Delphine würden Menschen lieben.

Sie haben manchen schönen Unfug gar getrieben.

Das wäre gegen alle guten, frommen Sitten?!

Nein, nein, sie haben nur gespielt und auch geritten.



Was das betrifft: ich war solange bei den Pferden.

Sie sind besänftigt nun und werden ruh'ger werden."

"Ich dank' Dir," sagt Othello. Und ich dank' Dir, liebe Lo.

Euch beide brauch' ich. Das macht mich des Lebens froh!"



"Wir segeln, wenn das Wetter aufgeht, weiter.

Und Du, Othello, bist der Wegbereiter."

Doch, ja. Ich werde Euch schon dorthin führen,

wo Gute sich mit Bösen hart berühren.



Wir alle nehmen schwere Rache an den Tätern.

Und keiner wird entkommen. Fort mit den Verrätern!

Doch sieh, der Himmel stirnt sich auf. Der Mond ist voll.

Wir segeln morgen früh. Und Ka sagt knapp: "Jawoll!"



Das Meer wird still. Und ruhig liegt das stolze Schiff.

Vergessen alle Todesangt am scharfen Riff.

Ganz nahe ziehn Delphine ihre großen Kreise,

ihr Häuptling blickt Othello an, der lächelt leise.



Der Captain geht mit seiner Lo in die Kajüte.

Sie beide danken innig Gott für seine Güte,

und daß er ihnen den Delphin just dann gesandt,

als Schiff und Mannschaft sich in größter Not befand.



Bei einem Ausflug in der ersten Morgenhelle

entdeckt Othello plötzlich eine klare Quelle.

Er rief nach Häuptling Ka. Die Karuaken kamen

und hochwillkomm'nen Wasservorrat mit sich nahmen.



Dann brachten sie die Pferde schnell zur Tränke.

Othello mahnt zum Aufbruch. Spricht: "Ich denke,

daß wir in Kuba sind in sieben Tagen

und in Santiago nach der Nichte fragen."



Und so geschah's. Vom treuen Retterschwarm begleitet,

hat weder schwerer Sturm noch Regen Sorg' bereitet.

Als sie gelangten unbehelligt nach Santiago,

meint Ka: "Sylvie erst finden. Dann sofort zu Jago!"



"Gemach, mein Freund, Du hast noch Zeit für Deine Strafen.

Erst löschen wir die Ladung mit Gewinn im Hafen.

Wir werden Sebastián und Jago nicht verschonen.

Doch erstmal gilt es tüchtig handeln: Golddublonen!



Wir kaufen dafür Zucker und auch Erze.

Lo kann das: macht beim Handeln keine Scherze,

Die Tochter der Familie Welser von Germanien

kann besser feilschen als der große Prinz aus Spanien!"



Der Häuptling lacht: "Du hast schon eine tolle Frau.

Die kennt sich aus, nutzt jeden Vorteil ganz genau.

So weiß sie auch gewiß, was manche Männer brauchen:

Man nennt das Kraut wohl Tabak. Es ist gut zum Rauchen."

Othello sagt: "Das hab' auf Kuba ich probiert.

Es macht die Sinne frei. - Doch manchen hat's verführt:

War dies ihm nicht genug? Er wollte stärk're Sachen...

Und wie! Die können einen Menschen richtig fertig machen.



Und einer hat's am eig'nen Leib erfahren,

als Aix ihn füllt' mit Drogen schon seit Jahren.

Sein schönes Land ging dabei fast zugrunde,

und sein Regent kam beinah vor die Hunde."



"Wär da die Countess Mabel nicht gewesen,

ich glaub', Don Manuel wär' nie genesen!

Doch nun sind Land und Leute wieder froh."

Mit diesen Worten gingen sie zur Lo.



Und Lo verhandelte im Lagerhaus am Pier.

"Nein!" sagt sie: "Drei Dublonen. Und nicht vier!"

Sie trägt, was ungewöhnlich, eine lange Hose

aus reiner Seide. Und im Haar die rote Rose!



Man bot ihr an den schönsten Ledersessel.

Sie nimmt die Kavaliere in die Fessel:

Wer klug und schön ist, weiß dazu noch viel,

für den ist Handeln nur ein leichtes Spiel.



Vor soviel Schönheit beben Männerherzen!

Lo kauft, und das geschickt, von ihren Erzen.

Man kann in ihrem Lande Gold und Kupfer (Zucker?) brauchen.

Lo denkt auch an das Volk. Die wollen was zum Rauchen.



Der Hafenmeister, dessen Augen funkeln,

in einer Ecke sitzt er, fast im Dunkeln,

spricht leise vor sich hin: "Seit vielen Jahren

sah ich solch Weib nicht. Und mit SOLCHEN Haaren!



Sie glüht und glitzert, nicht so wie die kühle,

die blonde Dame zeigte kaum Gefühle.

In Frankreich ist das wohl im besten Schwange.

Na ja, Sylvie, die blieb ja auch nicht lange."



"Sylvie? Und blond?!" sagt Ka, "wo ist sie hingekommen?"

"Zum Kloster wollte sie, das hab' ich grad' vernommen."

Othello sagt: "So laßt den Handel uns beenden.

Verfolgen unser Ziel und keine Zeit verschwenden!

Die Ware, die wir kauften, wird noch heut' verfrachtet.

Das Schiff im Hafen wird von Sancho wohl beachtet.

Er wird sich auch um Schauerleute sorgen.

Wir reiten in die Sierra, schon am frühen Morgen."



Gesagt, getan. Gleich nach dem Morgenessen,

da ist Othello mit der Mannschaft aufgesessen.

Als morgens noch im Bette unser Sancho träumt,

da sind die Pferde schon gesattelt und gezäumt



Die Männer standen frühe auf, beizeiten,

um vor der Sonnenglut ein Stück zu reiten.

Frau Lo war selbstverständlich schon zur Stelle,

sie fand tatsächlich die geheime Quelle.



Dort konnten sie noch rasch die Pferde tränken

und an den nöt'gen Wasservorrat denken:

Das erste Stück des Wegs ist nicht von Pappe,

sehr steil und eine schwierige Etappe.



Gestrüpp schrammt unsern Reitern um die Wade.

Othello kannt' seit langem alle Pfade,

erfühlte alle Lücken im Verworr'nen,

verwachsen Jahr für Jahr mit Busch und Dornen.



Noch vor Beginn der größten Mittagshitze

sah'n sie von ferne eines Berges Spitze,

umkränzt von dichten, dunklen Regenwolken.

"Die werden," sagt Othello, "bald gemolken.



Doch ist's nicht nötig, schnell sich zu bewegen:

willkommen ist wohl allen so ein Regen.

Der wird vertreiben diese Teufelsschwüle.

Bald kommt der grüne Wald. Mit ihm die Kühle.



Wir werden bald des Berges Hain erreichen,

hauptsächlich Pinien und dazwischen Eichen.

Und keine Angst vor irgendwelchem Wilde!

Es gibt kaum eins, das Böses führt im Schilde.



In dieser Gegend aber gibt es Schafe.

Die werden helfen zu vollziehn des Jagos Strafe.

Die trifft den Übeltäter mit der ganzen Strenge.

Wißt nur das eine erst: VON SALZ GIBTS HIER DIE MENGE!"



An nahen Bau der Ameis' herrscht ein recht's Gewimmel.

Der Mond zeigt eine Sichel nur am Sternenhimmel.

Was von den Reisenden noch niemand, niemand weiß:

Der Neumond kommt! Und dann wird die Geschichte heiß!



DAKTYLUS, Hexameter



Während Othello mit Lo hält im Dunkel ein zärtliches Schwätzchen,

während der Ka mit den Männern ein friedliches Feuer entfachte,

dies zu dem Zweck, ein erlegtes Stück Wild für die Mannschaft zu braten,

köstlich gewürzt mit den Kräutern des Waldes und Salz, das sie fanden,

stellt auf der finca Othellos der finstere Jago sich ein,

"Du, Sebastián, holst die Mulis und Leitern wie damals,

sorgst für die reichliche Menge von Körben und zahlreiche Kisten.

Sorg' für ein Schwert, gut geschliffen, zu töten die liebliche Mägdlein.

Denk' an die Beute! Die kriegen wir nicht ohne blutiges Opfer!

Werd' nicht so bleich! Und bedenke: Das ist es doch wert!"



"Ja," sagt Sebastian in zitterndem Ton und voll ängstlicher Demut,

holt dann die Mulis, bepackt, voller Kisten und Leitern und Körben.

"Du, Sebastián, machst dich auf mit zwei Pferden zum ehrsamen Kloster,

kleidest Conchita in seid'nes Gewand. Und: vergiß nicht die Mädchen,

wie mit der guten Äbtisse besprochen. - Wo bleibt denn das Schwert?

Ah! So ist's recht!" spricht der schurkische Jago, "das Schwert von Othello!

Laß es mich prüfen: die kleine Conchita wird gar nicht mehr merken,

wie dieses Schmuckstück von Schwert völlig schmerzlos durchdringt ihren Busen...

Und, wie vereinbart, erwart' ich Euch alle ganz nah bei der Höhle.

Haben wir alles erledigt, mein Bester, dann sind wir schon reich!"



Kleine Conchita, was kommt auch Dich zu? Doch Conchita war wachsam.

Hatte gelauscht, was Sebastian gesprochen mit dieser Äbtisse:

Krank sei die Nichte. Genesung sie fände im wilden Gebirge.

Just an dem Tag, da der Neumond vollendet, will Bastian sie holen.

Ohne zu zögern ergreift sie die Feder und schreibt einen Brief.

Gibt ihn dem Landmann, der immer das Kloster mit Hühnchen beliefert,

der hat Conchita für vielerlei heilame Kräuter zu danken,

halfen sie doch seiner Frau zur Gesundung von schlimmerer Krankheit,

bringt dem Matthias ganz heimlich die Botschaft Conchitas zur finca.

Der wird Sebastian mit Abstand verfolgen, so daß er nichts merkt.



Einige Tage vergehen. Dann sieht er den schrecklichen Jago.

Sieht, wie Sebastian die Mulis belädt, die der Jago nun fortführt.

Er habe "dringend Geschäfte" und müsse paar Tage verreisen,

so sagt Sebastian Matthias. Der nickt mit dem Kopf nur bedächtig,

öffnet das sich're Gehege und läßt alles Vieh aus dem Stall.

Sattelt das Pferd Margarita und folgt dem Sebastian von ferne.

Was führt Sebastian nun wirklich im Schilde? Conchita zu helfen??

Das kann Matthias nicht glauben: der quält doch das Mädchen beständig.

Schuften und rumhetzen läßt er die Arme, von morgens bis abends.

'Ich bin zum Kampfe bereit, wenn es sein muß, mit Feuer und Schwert!'



'Schwert?', denkt Matthias, 'ich sah doch ein Schwert, das Sebastian heraustrug.

Heimlich versteckte es Jago, verbarg's unter größeren Körben!'

Sicher gehörte das Schwert einst Othello, dem spurlos Verschwund'nen.

Was hatte Jago nur vor mit der furchtbar und prächtigen Waffe?

Gutes gewiß nicht. Er kennt ja den Jago, und nicht erst seit gestern!

Will denn der Jago das Kloster berauben, mit Hilfe Sebastians?

Drohen Conchitas, der Liebsten, Gesundheit und Leben Gefahren?

Gut. Auch Matthias ist nicht ohne Waffen - in weiser Voraussicht.

Weiß zu gebrauchen sein Schwert wie den Morgenstern. Sicher und tödlich.

Reitet den Weg des Sebastian entlang, der zum Kloster hin führt.



JAMBUS, Trimeter



Indessen nähert Prinz Othello sich dem Gipfel,

da beugt ein scharfer Sturmwind alle Wipfel,

die starken Eichen wie die stolzen Pinien ächzen,

in tiefen Wolken hört man viele Raben krächzen.



DieBlitze zucken, Donner grollt und Regen rauscht,

als Häuptling Ka den Schritt verhält. Er späht und lauscht:

"Ich spür' es: hier verbirgt sich eine weiße Frau!"

Othello sagt: "Na dann, mein Freund, geh' hin und schau."



In einer hohlen Eiche hat sie sich versteckt.

Sie sieht den "Wilden" kommen, der sie gleich entdeckt.

Ihr Blick ist furchtlos, und ihr goldnes Haar so hell!

"Ihr seid," sagt Ka auf Spanisch, "Sylvie Duroselle.



Der Onkel, Jacques Mahouba, läßt Euch herzlich grüßen.

Und ich bin Ka. Leg' Euch Bewunderung zu Füßen."

Othello nähert sich, nennt höflich seinen Namen.

"Der Häuptling Ka weiß wohl zu ehren schöne Damen."



"Wo weilt mein Onkel?" fragt sie. "Was führt Euch hierher?"

"Er blieb in Caracas. Dort traf er Marie Claire."

"Dank Gott! Auch Marie Claire gerettet! Welch ein Glük!

Doch nun erzählt von Euren Plänen mir ein Stück."



"Wir planen hier in Kuba karte Strafaktionen

und haben keinen Grund, die Wüstlinge zu schonen.

Der eine wollte mir nach meinem Leben trachten,

der andre liebt es, Karuaken zu verachten.



Noch mehr: er brachte Euren Onkel nicht gleich um -

er tat ihm Schlimm'res an: Mahoba wurde stumm.

Die Schmähung schwer an Leib und seiner Seele fraß.

Doch dann kam Marie Claire." - "Und Onkel Jacques genas?"



"So war es in der Tat. Und wir sind alle froh! -

Verehrte Dame. Hier kommt meine Frau, die Lo."

Die beiden Frauen geben sich erfreut die Hand.

Sie haben eins gemeinsam: Schönheit und Verstand.



Consuelo fragt Sylvie, was sie im Koster wolle.

"Ich wollte Ruhe zwar. Doch das spielt keine Rolle-

Conchita soll dort sein, von edelstem Geblüte..."

"Conchita? Meine Tochter? Daß uns Gott behüte!



So wollte nie und nie dorthin aus freiem Stück!"

Othello spricht's. "Ich hole sie sofort zurück.

Begleitet mich. Der Weg zum Kloster ist nicht weit.

Für Jago, Sebastián bleibt allemal noch Zeit."



Sylvie erblickt die stolzen Krieger, die, gerufen

von Ka, erscheinen nun auf flinken Pferdehufen.

Voll Ehrfurcht grüßen sie die fremde blonde Dame.

Sie denkt: 'Sind das die Karuaken, polygame?'

 

Es trifft die blonde Frau der Karuaken Blick;

sie meidet den Beschuß jedoch mit viel Geschick.

Und Ka, der seine Männer kennt und füglich ahnt,

was dort im Herzen glüht und brennt, voll Ernst er mahnt:

 

„Ihr sollt die schöne Dame nicht als Frau begehren!

Wie eine hohe Göttin dürft Ihr sie verehren.

Der Blick wie jetzt (und niemals mehr!) sei Euch vergeben.

Verehrt, beschützt sie, besser als das eigne Leben.“

 

Betreten, ja, beschämt vom Edelmut des Ka –

 unhörbar für die Damen sprach er – leis’ und nah –

so knieten sie. Sylvie war gar nicht schlecht erstaunt.

„Erhebt Euch nur, Ihr Männer“ sagt sie frohgelaunt.


Es scheint mir gut, zu reisen in des Ka Geleite,“

zu Lo sie spricht. Othello steht an deren Seite:

„Es mindert jedenfalls Gefahr, die wir nicht kennen.

Ich fühl’s im Herzen. Doch ich kann sie nicht benennen.

 

Ich bin vertraut seit Jahren gut mit diesem Land,

wo ich das höchste Glück in meinem Leben fand.

Zerstört das erste Glück. Mein Eheweib ist tot.

Nun gilt’s zu retten meine Tochter. Da ist Not!

 

So laßt uns nun mit Gott zu diesem Kloster reisen.

Conchita ging nicht gern. Das wird sich wohl erweisen!

Was immer war der Grund, wir werden es ermitteln.

Und den, der trägt die Schuld, werd’ ich persönlich dritteln!

 

Gesagt, getan. Sie sitzen auf. Jedoch Sylvie?

„Ganz ohne Pferd?“ – „Es stürzte mir vom Fels und schrie.

Ich rette mich mit einem Sprung. Das Pferd jedoch

ist unerreichbar in dem tiefen Felsenloch.

 

Was kann ich tun? Wie enden seine Todesqualen?

Es schreit und schreit. Ich nehme meinen Gurt, den schmalen,

benutze den geflocht’nen Gürtel dann als Zwille.

Ich traf. Das Pferd erlöst. Im dunklen Wald herrscht Stille.

 

Doch bald darauf hört’ ich Geräusche. Jemand kommt.

Ist’s Freund? Ist’s Feind? Ich weiß nicht, was mir heute frommt.

Es scheint mir, alles ist nicht wahr – ein böser Traum–

Ich mach’ mich einfach unsichtbar in diesem Baum...“

 

„Und Ka, der roch und spürte Euch,“ Othello schmnzelt.

„Ist Ka ein wildes Tier?“ Sylvie, die Stirn gerunzelt.

„Sylvie,“ Othello: „Anwalt schöner Karuaken?“

Sylvie, die schäumt vor Wut, wird bleicher als ein Laken.

 

„Don Ka ist, wie ich sehe, echter Kavalier.

Kultur hat er und Anstand, mehr als mancher hier!

Mit Takt, doch souverän, sein stolzes Volk er lenkt.

Er hat durch sein Verhalten reichlich mich beschenkt.

 

In Frankreich, Spanien, sagt man ‘Wilde’ voll Verachtung.

Doch was ich hier erlebt, verdient zu Recht Betrachtung.

Ich bin nicht furchtsam. Und als Ka mich schützt’ und ehrte,

war das ein Fühlen, das ich lange Zeit entbehrte.


Ich bin zwar nicht beleidigt, wie Ihr alle glaubt,

und möchte mit ihm reiten, wenn es Ka erlaubt.“

In dessen Auge sah man, wie ein Funke blitzt.

„Auf meinem Pferd,“ sagt er, „man wirklich sicher sitzt.“

 

„Othello! Zeit wird’s Deinen kleinen Scherz zu klären,“

sagt Lo. „Man kann sich Deiner manchmal nicht erwehren. –

Mein Mann ist guter Freund von Ka und seinem Volke,

Doch manchmal, glaub’ ich, sitzt er wohl auf einer Wolke.

 

Othello hat es sicher heut’ noch nicht verschmerzt,

daß eine Dame IHN betört hat. Ganz beherzt.

So will er nun beschützen seinen Freund, den Ka.

Doch der hat Schutz nicht nötig. Sieht man ja!“

 

„Ihr Lieben,“ spricht Othello, „ich bin hingerissen,

ich liebe Lo und möchte sie schon gar nicht missen....“

(Doch widerstrebt es stets Othellos großem Stolze,

daß SIE die Hand ergriff. Denn ER, er wollt’se.)

 

„Consuelo – beste Doña – lauft Ihr nicht Gefahr,

vielleicht sich etwas einzubilden, was nicht wahr?

Don Ka, er teilt mit mir doch nur sein Pferd!

Und weiter nichts! Ist das vielleicht der Rede wert?“

 

„Genug,“ sagt Lo, „und laßt uns alle Frieden machen.

Wir sind nervös. Erschöpft. Dann tut man dumme Sachen.

Der einz’ge, der Vernunft bewahrt, ist Häuptling Ka noch.“

Othello küßt die Hand der Gattin zärtlich:  „Ja – doch!“

 

Consuelo reicht Sylvie sehr herzlich beide Hände:

„Sylvie, frivole Sprüche haben nun ein Ende.

Wir wollen Freunde sein. Nie Sie und Ka mehr uzen. –

Was denken Sie darob, wenn wir uns einfach duzen?“

 

Die blonde Frau aus Frankreich nimmt das freudig an.

Sie küßt die dunkle Schönheit. Gleich erscheint ihr Mann.

Der ruft sofort den Häuptling, der bis dahin schwieg.

„Hier gibt es was zu küssen! – Niemals wieder Krieg!

 

Wir treten diesem Bund bei, so Sie es erlauben.

Und schwören ew’ge Treue, friedlich wie die Tauben.

So, wie die Übeltäter wir geeint vernichten,

so können wir auf Eure Freundschaft nicht verzichten.


Das geht nicht ohne einen dicken Doppelkuß,

denn dieser Bruderkuß, der ist ein zwingend Muß!“

Die beiden Damen stimmen freundlich lächelnd zu.

„So sind wir feste Freunde nun, auf Du und Du!“

 

Der Häuptling spricht zum ersten Mal in dieser Runde:

„Vom Küssen war im Leben mir noch nie die Kunde.

Berührt man mit dem Munde eines andern Wange,

ist das ein fester Pakt, und, wie ich denk’ für lange?“

 

„So ist es,“ sagt Othello,„doch es kann auch sein,

daß einer sagt zum andern: ‘Ich bin Dein – Du mein.’

Ich mach’ es gerne vor, wenn Lo es mir erlaubt.“

Die Lo sagt: „Nein,“  doch lachend, „nichts wird abgestaubt!“

Und schon hat er der schönen Lo den Kuß geraubt.

 

„Das geb’ ich Dir zurück, Othello, liebster Gatte,“

und retourniert den Kuß, den er gestohlen hatte.

‘Aha’, denkt Ka, ‘ich lerne ja! Und das mit Rührung:

Hier feste gute Freundschaft – dort jedoch Verführung!‘

 

Die viere lächeln und die Schar der Reiter staunt.

Othello nähert sich Sylvie, spricht gut gelaunt:

„Ich bin, verehrte hohe Frau, bereit zum Du.

Seid Ihr es auch, so küßt!“ Sie nickt dazu.

 

Erst rechts, dann links – sie küssen herzlich beide Wangen

und sind dabei gelöst, weil völlig unbefangen.

Sie sagen zueinander „Du“ ganz selbstverständlich.

Othello ruft nach Häuptling Ka: „So komm doch endlich!“

 

Er kommt. „Ja, Ka, was blickst Du denn so sorgenvoll?“

Ganz traut: „Ich weiß nicht, wie ich richtig küssen soll!“

„Ach Ka! Wir haben Dir es doch genau gezeigt.“

Der blickt zur Erde. Dann Sylvie ins Aug’– Und schweigt.

 

„Du bist der Häuptling, Ka, der stolzen Karuaken!

Für Deinen Mut erhieltst Du heil’ge Spiegelhaken!

Wir wollen Dich in unserm Bund. Nun sei nicht bange.

Und geh zu meiner Frau. Ihr kennt Euch ja schon lange.“

 

Gesagt, getan: Zur schönen Walserin, der Lo.

Er drückt sie an sein Herz und küßt. Die Lo sagt: „Oh!“

So schön das war, die Lo umarmen kinderleicht,


Sylvie, das höchste Ziel, das bleibt noch unerreicht.

 

Der Häuptling Ka hat über Strategien gegrübelt.

Sylvie hält das für Unlust, was sie ihm verübelt.

‘Versammeln Karuaken sich, nicht allzuferne? –

Der Häutling wird jetzt küssen?’ Ka: „Ich möchte gerne...“

 

„Und was,“ Sylvie, recht distanziert, „ist das Begehr?“

Sie sagt nicht „Du“, noch „Sie“ und macht’s ihm extra schwer.

Denn dann wollt’ Ka verweisen auf die Brüderschaft.

Nun muß er handeln. Ka versammelt alle Kraft.

 

„Ich wollte fragen, wie in Eurer Ahnen Lande ...

... auf welche Art die Menschen knüpften Brüderbande...

... vielleicht ... es gab sie gar nicht, solche schöne Sitte?“

„Oh doch, die gibt’s seit je. Nicht, daß ich dies bestritte.

 

„Und hat man auch geküßt, vielleicht wie eben Lo?“

„Geküßt? Na, sicher doch!“ – „Und wie?“ – „Mal so, mal so.

– Was soll denn, werter Häuptling, diese Fragerei?“

„Ich frage, weil ich lerne. Wie, ist einerlei.“

 

„Ich will ja Eure Lust, zu fragen, nimmer trüben,

jedoch, ich denk’ am bestern lernt man doch durch Üben.“

„Dann übt mit mir! Ich kann nicht gut der Brüder Küsse.

Und wie ich sah, gibt’s andre noch – jawohl! – Genüsse.“

 

„Was fällt Euch ein? Das hier? Vor Lo und aller Welt?“

„Ich schlage einen Ausflug vor. So’s Euch gefällt.“

„ Na, gut.“ –„Wohin?“ – „Zum hübschen nahen Hügel dort.“

Sylvie ruft Lo: „Wir geh’n ein kleines Stückchen fort.

 

Der Häuptling will mir etwas ganz Besonders zeigen:

Denn heute sei der Tag, wo sich zwei Sonnen neigen.“

„Wir geh’n mit Euch!“ – „Das geht unmöglich. Nur zu zweien

säh’ man das Schauspiel. Nicht zu vieren oder dreien.“

 

„Das muß man respektieren,“ sagt Othello nur,

„ der Ka ist sehr versiert in Dingen der Natur.

Und sieh, wie wunderbar die Sonne untergeht.

Es ist, als ob der Wald in Flammen steht.“

 

Sylvie und Häuptling Ka sind hügelwärts gegangen,

und als sie stolpert, hat er ihre Hand gefangen.


Er hält sie fest. Und sie ist gar nicht böse.

Ihr kommt nicht in den Sinn, daß sie sich von ihm löse.

 

Am Gipfel angelangt, erblicken sie das Meer.

Der Weg war steil und mühsam. Beide atmen schwer.

Mit einem Seufzer fällt Sylvie ins weiche Gra.

Der Häuptling sagt:„Verschnauft nur. Und dann tun wir was.“

 

‘Wir tun was,’ denkt Sylvie, ‘will er es endlich wagen,

nach einem Kuß, und sei’s der Freundschaft nur, zu fragen?’

„Ach so, wir wollten rechte Freundschaftsküsse üben.

Das lernt man schnell und soll Euch weiter nicht betrüben.“

 

„So fangt schon an,“ sagt ungeduldig Häuptling Ka.

„Nur keine Eile! Seht, ich bin bereit und da.“

Sie küßt ihn beidseits und er tut es ebenso.

„Das war gelungen.“ – „Nun, dann bin ich herzensfroh!“

 

„Ich schlage vor, das nicht als Übung zu betrachten,

als den beschloss’nen Bruderkuß,“ sagt Ka, „erachten.“

Sie nickt. „Du bist Sylvie. Ich Ka. Und der will mehr:

Zu kennen andre Küsse wünsche ich so sehr.“

 

Er lernt nun alles. Beide sind voll Freud’ und Wonnen.

Sie blicken auf. Und sehen wirklich die zwei Sonnen.

Der rote Himmel wird zur Nacht. Es schimmern Sterne.

„Ich liebe Dich, mein Ka, und hab’ Dich nicht nur gerne.“

 

Der Weg zurück wird ihnen, Arm in Arm, nicht lang.

Sie reden von der Zukunft und sind gar nicht bang.

Sylvie, des Häuptlings Gattin, so ist die Idee,

dem Volk mit Hilfe, Rat und Tat zur Seite steh’.

 

Die andern sitzen noch am hellen Lagerfeuer.

„Der Ausflug war ja wohl ein kleines Abenteuer?“

„Oh nein! Wir haben auf dem Hügel uns gefunden,“

sagt Ka, „mein Volk wird blühen, und, wer krank, gesunden.“

 

Da bricht der Jubel aus. Es gibt spontan ein Fest.

Und Lo, die sich bei keinem Anlaß lumpen läßt –

in Santiago hat sie reichen„Fang“ gemacht,

durch Schön- und Klugheit mehr als reichlich eingebracht –

 

verehrt Sylvie als Brautgeschenk recht viel Dublonen:


„Dem Volke Gutes tun und Deiner Güte fronen!“

Othello mahnt zum Schlafengehn: „Wir reiten morgen

Und werden dann im Kloster enden manche Sorgen.“

 

DAKTYLUS, Hexameter

 

Gleichzeitig reitet Matthias und folgt dem Sebastian auf Abstand.

‘Heute ist Neumond. Ich werde Conchita vom Kloster befreien.

Muß den Sebastian dran hindern, vor mir noch Conchita zu holen!’

Dämmerung zeigt sich am Himmel. Sie sind schon ganz nahe beim Kloster.

‘Wie den Sebastian nur stoppen – nicht töten?’ Da sieht er den Stein.

Jetzt ist er nahe genug dem gemeinen Sebastian gekommen.

Deckung verschaffen ihm zahlreiche Büsche und Bäume.

Schon hat Matthias den Stein in der Hand, ist bereit zur Attacke.

Da steigt Sebastian vom Pferd, um den Sattelgurt etwas zu spannen.

‘Hier ist die günstigste Stelle, den Schurken zu treffen!’ Er wirft.

 

Gut hat Matthias gezielt und geworfen. Der Stein traf am Kinne.

So war die Absicht, und nun liegt der Schuft in den Armen des Hypnos.[15]

‘Vater des Morpheus,[16] auch Bruder des Tantalos,[17] lang laß’ ihn schlafen,

bis ich den Garten des Klosters erreicht und Conchita gerettet,

bis wir entfloh’n zu dem gütigen Pater, ja: bis wir getraut!’

Schnell wie die Sturmesbraut reitet der Bayer durch Wälder und Schluchten.

„¡Cara Conchita! ¡Conchita carísima!“ klingen die Hufe.

Bald wird es Nacht, und Conchita wird bangen und beten im Kloster.

‘Hoffentlich kann sie entwischen! Hoffentlich schläft die Äbtissin schon fest!’

Eine Bewegung. Matthias erkennt einen Schatten am Hag.

 

War das ein Tier? Ein Gespenst? Die Äbtisse? Was Gott mög’ verhüten!

Selten verläßt sie das Kloster, schon gar nicht in mondlosen Nächten.

Angst hat das Scheusal, mit Recht auch. Denn Gott würd’ ihr nimmermehr helfen!

Zu viele Sünden beging sie. Kein Schutzengel, der sie behütet!

‘Also, Matthias! Durchdringe die Dunkelheit! Sieh mit dem Herz!’

Leises Geraschel. Dann Stille. Er gleitet unhörbar vom Sattel,

schleicht wie ein hungriger Jaguar völlig geräuschlos durchs Dickicht.

Wieder vernimmt er Geraschel, kaum hörbar. Matthias bleibt stehen.

Knackt da ein Ästchen im dichten Gestrüpp? Und das kann nur ein Mensch sein!

Wie eine Feder gespannt, setzt Matthias zum Sprung an. ER HAT SIE!

 

„Meine Conchita! Mein Leben! Mein Alles! Wir müssen uns eilen.“


Küßt sie und hebt sie aufs Pferd, und sie streben zum heimlichen Orte.

„Markus, der gütige Pater, erwartet uns, wachend und betend,“

flüstert Matthias Conchita ganz leise ins Ohr.„Laß uns traben!“

Auch in der finstersten Nacht weiß Matthias den sicheren Weg.

„Nun sind wir weit genug von dem Kloster entfernt. Du kannst sprechen, Conchita!“

„Ich bin nun außer Gefahr, doch den ehrbaren Frauen droht Schlimmes.

Diese verruchte Äbtissin, die sperrte sie ein – ohne Wasser!

Drohte mit Jago, wenn niemand gestand, wer den Mann in dem Garten...

... lächelst Du? ... Jago bekäme die Mädchen in seine Gewalt!

 

Bin es nicht ich, die verantwortlich zeichnet für all dieses Elend?

Wo ist Sebastian? Er sollte mich holen zur Fahrt ins Gebirge.“

„Der liegt in seligem Schlummer, den schickte ein Stein - meines Wissens.“

„Sage mir, hat Dich Sebastian verfolgt auf dem Wege zum Kloster?“

„Nein, der Verfolger war ich. Und es wurde mir mancherlei klar.“

„Warum nur fand ich ein weißseidnes Kleid heute abend am Bette?“

Blitze und Donnerschlag! Nun weiß Matthias sich viel zu erklären:

Sagenhaft waren die alten Geschichten vom Schatz in der Höhle.

Daher die Körbe und Leitern! Und wozu, zum Teufel, die Waffe!

Brachten die früheren Völker den Göttern nicht Opfer durchs Schwert??

 

Sollte Conchita – die Nichte Sebstians! – den Opfertod sterben?

Konnte Matthias zu all diesen Dingen Conchita befragen?

Die, die so lange im Kloster geschmachtet, gezittert, verängstigt?

Keinesfalls durfte Conchita erfahren den schrecklichen Plan!

‘Warum nur habe ich diesen Sebastian am Leben gelassen?’

Aber da war ja noch Jago, der Antrieb von allem und jedem.

Jago, der war mit den Körben und Leitern nach Süden geritten,

während Sebastian, zum Kloster geschickt, seine Braut holen sollte.

Sicher vereinbarten beide die Höhle als endlichen Treffpunkt.

Folgt er Sebastian, dann löst sich das Rätsel der Höhle von selbst.

 

Muß er denn nicht, ob nun mit oder ohne Conchita, zur Höhle?

Jago, der Herr, und Sebastian der Knecht: so verteilt sind die Rollen.

Wie kann Matthias das Leben Conchitas nur hinreichend schützen?

Trachten die beiden gemeinen Verbrecher ihr nicht nach dem Leben?

Ist die Verfolgung so nötig? Er setzt doch ihr Lebens aufs Spiel.

„Schweigst Du solange Matthias? Beschäftigt Dich so meine Frage?“

„Was hat Sebastian für Gründe, Dich heut’ aus dem Kloster zu holen?“

„Gute sind’s sicherlich nicht. Und ich war auch schon schrecklich in Sorge.

Warum das weiße Gewand? Und wozu die Begleitung der Mädchen?

Komm, laß uns beten. Vielleicht kommt die richtige Antwort von Gott

 

Später – es tagt schon fast – hören die beiden ein Pferdegetrappel.


„Ist das Sebastian?“ Es schaudert Conchita:„Laß schnell uns verstecken!“

„Nein, es sind mehrere, die ich nicht kenne, dabei auch zwei Damen.

Vornehme Leute und edelste Pferde. Mehr kann ich nicht sehen.“

„Allen voran,“ sagt Conchita ganz ruhig,  „da reitet Papá.

Ich hab es immer gewußt und gefühlt: mein Papá kann nicht tot sein.“

Ohnmächtig bricht sie zusammen. Matthias belebt sie mit Küssen.

Ka hat schon lange gespürt, daß hier Menschen im Busch sich verstecken.

„Zwei sind’s, Othello.“ – „Wir schauen mal nach, ob sie gut oder bös sind.“

„Vater, ich bin es, Conchita. Und dies ist mein künftiger Mann.“

 

„Kommt an mein Herz, meine Kinder!“ Der Prinz sucht die Tränen zu bannen.

„Mütter ersetzen, das geht nicht. Doch wär’ ich Dir Schwester,“ sagt Lo nun.

„Grund für ein Fest?“ fragt der Ka. „Aber erst nach des Bösen Vernichtung!“

„Wer ist der Böse, Papá?“ fragt Conchita, „wer ist der Verbrecher,

riß Dich von Deiner Familie, dem freundlichen Kuba, hinfort?“

„Jago, der Schwarze mit Warze. Er schlug mich von hinten bewußtlos.

Stürzte mich über die Felsen ins Meer, in die Klippen des Cello.“

„Schließe ich richtig, strebt Jago, der Schurke, gerade zur Höhle,

welche mir unbekannt, südlich der Finca, man sagt, voller Schätze.

Leitern und Körbe nahm Jago heut’ mit sich, dazu noch ein Schwert.

 

Glänzend das Schwert,“ sagt Matthias, „die Klinge wohl gar aus Damaskus.“

„Golden der Knauf und darin ein geschliffner Rubin?“ fragt Othello.

„Ja,“ sagt Matthias und blickt dem Othello direkt in die Augen.

Glücklicherweise entfernt steht Conchita; sie spricht mit den Damen.

„Grausamen Tod für Conchita hat Jago, der Teufel, geplant!

Was ihm Sebastian verstohlen gebracht und er heimlich versteckte,

das war Dein eigenes Schwert. Und das Opfer die eigene Tochter!

Jago ritt ab zu der Höhle, Sebastian dagegen zum Kloster.

Vieles erfuhr ich durch Sehen und Hören. Den Rest von Conchita.

Sie wollt’ die Onkel zur Höhle verschleppen. – Ich kam ihm zuvor.

 

„So, macht Ihr Pläne? Wie geht Ihr nun vor?“ fragt Conchita den Vater.

„Müssen wir erst nicht die Mädchen von Durst und von Hunger befreien?“

„Nein, mein Matthias. Bevor ich dem Kloster entfloh (und Sebastian!),

Bracht’ ich den Freundinnen Wasser und Essen auf heimlichen Wegen.

Besser, den Jago zu finden, mit dem die Äbtissin gedroht.“

„Der,“ weiß Matthias, „ist bald an dem Ziel, das er vorhat, und wartet.

Weil der Sebastian Conchita nicht antraf, muß dieser zu Jago,

neue Befehle sich holen, denn der ist sein Herr und Gebieter. –

Sollten die Damen zur Sicherheit nicht auf die finca, Othello?“

„¡Chevere! Einige Krieger geleiten Euch sicher zum Hof.“

 

„So,“ spricht Conchita, „so geht’s nicht. Das kommt überhaupt nicht in Frage!


Vater!“ Sie flammt, „der Dich umbringen wollte, der Jago, muß büßen.

Ich, die so vieles erlitt, die den Vater verlor, dann die Mutter...

Heiß’ ich Conchita? Und bin ich die Tochter Othellos, des Helden?

Zeuginnen werden wir sein der gerechten Bestrafung des Schufts“

„Ja!“ zollten Lo und Sylvie ihren einmüt’gen Beifall frenetisch.

„Euch, liebe Männer und Krieger, wir werden Euch jedenfalls folgen.

Ob Ihr es wollt oder nicht. Wie Ihr wißt, sind wir Frauen unbeugsam.“

„Hm,“ sagt Othello, „das weiß ich, weiß Ka und Matthias am besten.

Also: wir reiten gemeinsam zur Höhle, was immer geschieht.“

 

JAMBUS, Pentameter

 

Sebastian dreht und wälzt sich. Er erwacht.

Er setzt sich auf, blickt um sich. Es ist Nacht.

Am schwarzen Himmel blank die Sterne stehen.

Er muß sofort zum nahen Kloster gehen.

Vielleicht ist jemand wach, noch Licht zu sehen.

 

‘Wie kam ich nur hierher, und was geschah,

daß ich auf einmal schlafend liege da?

Ich war total entspannt und völlig hingegossen.

Und wieviel Zeit ist wohl seitdem verflossen?’

Sebastian denkt es und ist sehr verdrossen.

 

Da kommt dem Onkel plötzlich in den Sinn,

daß ja die fromme Mutter Oberin

in jeder Nacht des Neumonds feiert Mette.

Und halten würd’ er jede hohe Wette,

daß sie zu dieser Stund’ noch nicht im Bette.

 

Das Pferd gehorcht auf seinen ersten Ruf.

Es setzt gemächlich trabend Huf vor Huf.

Recht bald ist er beim Kloster angekommen

und hat von ferne schon Gesang vernommen.

Das sind sie sicher: Mägde und die Frommen!

 

Der Plan klappt bestens, denkt Sebastian froh.

Der Jago plant – ich mach’ es so.

Nach kurzer Zeit: erreicht des Klosters Schwelle,

und schon betritt er die Gebetskapelle.

Conchita doch, die fehlt an dieser Stelle.

 

Was ist denn da, um Himmels Will’n, passiert?

Wie war doch Jagos Plan so raffiniert!


Am Schluß der Mette sagt er: „Ah, Äbtisse,

in dieser Schar ich meine Nichte misse!“

Ihr sei nicht wohl, vermutlich, wie er wisse.

 

„Ich hab sie heute abend nicht vermißt

und laß mal schauen, wo Conchita ist.

Ach, ich geh’ selber, das geht schneller.“

Sie sperrt die Mädchen in den Keller.

Dann bricht aus Ihrem Mund ein Schrei, ein greller:

 

„Conchita – hör’ Sebastian! – ist nicht da!

Beim Nachtmahl, als ich sie zuletzt noch sah,

etwas wie „mir ist gar nicht gut“ sie sagte

und über wehen Kopf und Rücken klagte.

Ich glaube fast, daß sie zu fliehen wagte.

 

„Wozu denn fliehen, sagt mir doch, warum?

Sie irrt vielleicht im wilden Wald herum,

ist geistig wirr und findet keine Wege.

So ernst nehmt Ihr der guten Nichte Pflege?

Daß sich kein Körnchen Schuld bei Ihnen rege?“

 

Sie murmelt – hört man richtig? – einen Fluch.

„So macht Euch einfach endlich auf die Such’:

Das Mädchen macht nur Müh und große Sorgen.

Und ich erlaubt’ mit Euch den Ausflug morgen!

Sie brütet etwas, was mir stets verborgen.“

 

„Gesellt mir alle Eure Mägde bei.“

„Das nicht, Sebastian. Diese sind nicht frei.

Die Mädchen haben nämlich was verbrochen

und sind im Klosterkeller eingestochen –

zudem auch Jago in die Hand versprochen.“

 

‘Gemeines Weib,’ Sebastian bei sich denkt,

‘die weiß sehr wohl, was sie dem Jago schenkt!’

„Ich gebe mit Euch zwei von meinen Nonnen.

Die kennt Conchita. Da ist viel gewonnen,

wenn ihr ein wenig der Verstand entronnen.

 

Die beiden haben sehr viel Kraft und Mut.

Sie mögen nicht, daß jemand Böses tut.

Daß Du die Nonnen also gut behandelst

und immer auf geraden Pfaden wandelst.


Sie dulden nicht, daß Du den Ruf verschandelst.

 

Sebastian gibt der Alten leicht sein Wort.

So schnell er es versprochen, fliegt’s auch fort.

„Du kannst im Nebenhaus die Nacht verbringen.

Und eins, mein Freund, will ich mir ausbedingen:

Steh auf, sobald die ersten Glocken klingen!“

 

„Sehr gut. Ich möchte starten früh am Tag

Wir finden die Verirrte – keine Frag’!

Und sind die beiden Nonnen auch beritten?

Das ist wohl gegen alle guten Sitten?“

„Natürlich reiten sie. Ich muß doch bitten!“

 

Sebastian vor dem Läuten noch erwacht.

Er setzt sich auf im Bett und lacht und lacht.

‘Ich habe nicht geträumt und nicht gesponnen!’

Er sieht sich auf dem Weg mit diesen Nonnen.

Das hätte nicht mal Jago ausersonnen!

 

Sebastian, der mit Spannung übervoll,

mit wem er da nun heute reiten soll,

da sieht er plötzlich zwei ganz junge Damen,

die fallen aus gewohnten Nonnenrahmen.

‘Ob sie das sind? Dann sag’ ich Ja und Amen!’

 

Sie sind’s tatsächlich, die ihm zugeteilt.

‘Das sowas Hübsches in dem Kloster weilt!’

So heißt die eine Magdalena Brava,

die andre, Fulminata, ist aus Java.

In seinem Herzen brodelt es wie Lava.

 

Und die Äbtisse kommt heran und mahnt:

„Sucht die Conchita, wie wir das geplant!

Auf schmalen Wegen auch, nicht nur den breiten.

Und habt Ihr sie, dann müßt Ihr sie begleiten.

Sie darf allein nicht mit Sebastian reiten!“

 

‘Aha! Da werd’ ich also überwacht!

Das haben die beschlossen heute Nacht!’

Es sticht Sebastians Herz wie eine Nadel.

Doch sagt er, Ritter ohne Furcht und Tadel:

„Ich seh’, die Damen sind von hohem Adel.“

 


Er hat nicht viel geschlafen diese Nacht

und hat dabei sich etwas ausgedacht:

‘wird wirklich nicht gefunden die Conchita

– wie heißt sie: Magdalena oder -rita? –

die zollt für unsern Schatz mit ihrer vita!’

 

Auf seine Rede lächeln sie ganz kühl.

„Wir reiten besser gleich, denn es wird schwül.“

Und nach Gebet und kargem Morgenessen

– Proviant und Wasser, Segen nicht vergessen –

sind unsre drei dann aufgesessen.

 

Die Nonnen taten das mit schönem Schwung

– man sieht, sie können reiten und sind jung –

sie sind natürlich schon seit Kinderzeiten 

vertraut mit edlen Pferden und dem Reiten.

Sebastian sah ja, wie sie vornehm schreiten.

 

„Durchstreifen wir zunächst den nahen Wald,

dort finden wir Conchita sicher bald.

Wenn nicht, so sollten wir zur finca weiter.“

„Nein!“ Dazu lächelt Fulminata heiter.

„Ich wüßte einen Weg, der ist gescheiter.“

 

Die beiden hatten heimlich in der Nacht

sich etwas überlegt und ausgedacht:

Conchita, die wird nämlich nicht gefunden,

nur so kann ihre Seele ganz gesunden,

die bisher nur getreten und geschunden.

 

„Conchita hatte, wißt Ihr, einen Platz

– die Sage geht, dort läg’ sogar ein Schatz! –

wo sie in freier Zeit der Andacht pflegte,

sich ab und zu im Grase niederlegte,

und dachte nach, was sie im Herz bewegte.“

 

Sebastians Stirne überlief es heiß:

‘Was weiß ich denn, was Fulminata weiß?

Will Fulminata uns zur Höhle lenken?

Sie wär’ bereit, nach leichtem Gliederrenken,

der Heiden Schatz dann freudig herzuschenken.’

 

 

 


DAKTYLUS, Hexameter

 

Nun sind die Damen Conchita, Sylvie und vor allem Consuelo,

glücklich und äußerst zufrieden mit dem, was sie eben erreichten.

Hatte Conchita nicht gleich Argumente von zwingender Logik?

Selbst der besorgte Matthias – er konnte dem nicht widerstehen:

„Also, Othello, nun weise den Männern und Frauen den Weg.“

„Halt!“ sagt Matthias, „wir haben noch Zeit für den Umweg zu Markus.

Er soll am heimlichen Ort, wo er wartet und betet, uns trauen.“

Der sei hier ganz in der Nähe. „Conchita, Du weißt es genauer.“

„Ja. Und Sebastian erreicht jene Höhle bestimmt nicht vor abends.

Ka blickt Sylvie in die Augen und fragt sie: „Und Du?“

 

„Ja. Selbstverständlich! Wir hatten ja alles am Hügel besprochen.

Hoffentlich stört nicht der Umstand der mangelnden Hochzeitsfest-Kleidung.

Weil ich bei Antritt der Reise nicht wußte, was hier auf mich zukommt,

habe ich einfach versäumt mir ein kostbares Brautkleid zu kaufen...“

„Na, dann sieh mich einmal an! Bin ich passend gekleidet, Sylvie?“

„Hört mit dem Unsinn jetzt auf,“ sagt Othello, „ich freue mich mächtig!

Nehmt meinen Segen und nehmt meine Glückwünsche, alle beisammen.“

„Gratulationen!“ Die Krieger: „an Ka und die künftige Herrin!“

Ka sagt: „Sylvie, laß’ sie lernen den Bruderkuß. Tu’s für uns beide!“

Das wird erledigt. „Nun eilen wir alle zum heimlichen Ort!“

 

Heimlicher Ort: die Kapelle im dichten Gefels ganz verborgen.

Christen, die waren in Kuba, wie sonstwo, nicht immer gelitten,

schafften Verstecke wie Höhlen und Grotten und sichere Plätze.

Markus erblickt erst Conchita mit ihrem Verlobten, Matthias.

Nicht nur Conchita, Matthias allein! Eine richtige Schar!

Etliche Reiter mit bräunlicher Haut! Auch zwei Damen.    „Othello!!“

„Ja,“ sagt Othello, „ich bin es.“ – „Man hielt Dich bislang für verunglückt.

Warst doch zum Jagen und kamst nicht zurück. Desdemona, verzweifelt

schwand sie dahin wie ein Licht. Und sie starb vor Betrübnis und Sehnsucht.“

„Schuld ist Sebastian. Er sieß mich, bewußtlos, die Felsen hinab!

 

Blutige Rache ich schwor dem Sebastian...“ „... und Jago!“ fügt Ka ein.

„Markus, Don Ka ist mein Freund, karuakischer Häuptling, seit Jahren.

Jago verletzte und quälte die Karuaken aufs Allergemeinste!

Er und Sylvie wollten heiraten, bitten um Eueren Segen.“

„Oh! Eine doppelte Hochzeit? Das freut mich! Und ist er wohl Christ?“

„Christ bin ich auch, wie mein Volk. Und ich sprech’ Eure Sprache, Don Padre!!“

„Sei nicht gekränkt, lieber Ka, weil der Pater mit mir erst gesprochen.

Wie konnt’ er wissen, was Du hast erlebt an Erziehung und Bildung?“

Markus entschuldigt sich herzlich. Fragt Ka nach den Zeugen der Hochzeit.


„Paarweise wollen wir zeugen“ Ka lächelt dabei, „... einander, na klar! {a mesa?}

 

Dann, in der kleinen Kapelle, versammeln sich Paare und Priester,

folgen Othello und Lo wie die gradegewachsenen Krieger.

Nun sind durch heiligen Segen die Paare auf ewig verbunden.

Kurz, weil Othello drum bat, war die dennoch bewegende Predigt.

„Mein ist die Rache, so spricht der allmächtige, einzige Gott!“

Ka, auch Othello, genau wie Matthias, verzieh’n die Gesichter.

Hatten doch alle Sebastian und Jago die Rache geschworen.

Lo doch, Sylvie und Conchita gerieten beträchtlich ins Grübeln.

War es doch Gottes Gebot, auch Verbrecher nicht grausam zu töten.

„Liebet die Feinde, tut wohl, so Euch hassen,“ so sagt uns die Schrift.

 

Markus erkannte den Widerstand, der diese Männer bewegte.

Sah auch die Frauen sich quälen, Gedanken, Entschlüsse zu fassen.

War nicht Consuelo moralisch verpflichtet, dem Gatten zu folgen?

Erstens: der Anschlag Sebastians, die Gier nach der finca Othellos.

Zweitens: am Kummer erkrankt Desdemona so schwer, daß sie stirbt.

Drittens: Sebastian, der steckte Conchita ins schreckliche Kloster.

Viertens: Matthias’ Bericht von dem weißseid’nen Kleid für Conchita.

Solcherart schmückten die Heiden die Opfer für schreckliche Götzen:

wenn umso größer der Wunsch, desto höher geboren das Opfer.

Skrupellos opfern will Jago Conchita dem gold’nen Moloch!

 

Liebte Sylvie ihren Ka und sein Volk nicht, das Jago so quälte?

Mußt’ sie nicht einsteh’n für Jagos, des Schwarzen, gerechte Bestrafung?

Wie auch Conchita, die kannte der Nonnen Bedrohung durch Jago?

(Was sie nicht weiß, ist die Planung, ihr Leben dem Golde zu opfern.)

Kann sie Sebastian verzeihen, der wollte den Tod von Papá?

All diese Gründe der Rache sind triftig, sind menschlich verständlich.

Dennoch: Don Markus ist Priester. Er kann diese Absicht nicht teilen.

Haben Sebastian und Jago gesündigt, bleibt Gott nur die Rache!

Aber wie kann er – so fragt er sich – Menschen wie hier überzeugen?

Hilfe ist immer bei Gott, dem Allmächt’gen. Er spricht ein Gebet.

 

Still, in Gedanken spricht Marcus: „Oh, gib mir ein Zeichen, mein Herrgott!

Lasse sie, all die betroffen sind, nicht ohne göttliche Hilfe.

Gib mir Erleuchtung, und sage mir, kann ich denn Schlimmstes vereiteln?

Kann ich Matthias, Othello zuvor, daran hindern, zu morden?“

„Markus! Steh’ auf! Gehe hin mit den andern. Ich stehe Euch bei!“

Gott hat gesprochen! – „Ostello, ich möchte Euch gerne begleiten.“

„Pater! Gefährlich wird unsere Reise! Jedoch – wenn Ihr möchtet...

Ka und die Krieger beschützen die Damen, ein wenig verborgen,

auch etwas ferner der Höhle. Gesellt Euch hinzu, werter Padre!“


„Gern will ich helfen beim Damenbehüten. Doch bin ich nicht feig’!“

 

„Das weiß ich bestens, Don Markus. Es geht um die Gleichheit der Fronten.

Jago erwartet Sebastian, vermutlich allein, in den Felsen.

Der traf Conchita nicht an in dem Kloster, muß demnach zur Höhle,

muß die Verabredung halten, die traf er mit Jago verbindlich.

Also, die Zahl uns’rer Feinde ist aller Voraussicht nach zwei.

Kommt es zum Kampfe, so ist Parität doch ein faires Bekriegen.“

„Muß es denn Krieg sein?“ fragt Markus. Othello beharrt auf dem Standpunkt.

„Kann ich vergessen, was Jago verbrach an dem Volk der Karuaken?

Will der Sebastian Conchita nicht opfern den heidnischen Götzen?

Schlug er nicht feige von hinten mich nieder und wollt’meinen Tod?“

 

Markus ist ratlos und schweigt. Nur der gütige Gott kann hier helfen!

Vor dem gefährlichen Weg ins Gefels will Conchita noch beichten.

Tödlich erschrocken war Markus: Welch Furchtbares war hier geschehen!

Welch eine Schmach mußt’ das ruhmreiche Volk der Karuaken ertragen!

Wie viele Greuel hat Jago verbrochen und hat er noch vor!

Wie hat die kleine Conchita den Vater vermißt, dann die Mutter!

Wie hat Sebastian die Kind schikaniert, dann vertrieben ins Kloster!

Beichtet, was dort sie erlebt und gehört von der grausen Äbtisse:

„Pater, ich lös’ das Geheimnis der Beichte. Und handelt entsprechend!“

Der reimt sich alles zusammen und kennt auch die Höhle, ihr Ziel.

 

Einige Generationen erzählten vom Schatz im Gebirge.

Kuba, die fruchtbare Insel, bewohnten allein die Kariben.

Mächtige Seefahrer, bauten sie Schiffe beträchtlicher Größe,

fuhren mit großer Besatzung nach Mexiko mehrmals im Jahre.

Luden dann Gold und auch Silber in Mengen, getauscht, auch geraubt.

Zahlreich: karibische Götter. Und mannigfach opferten Priester:

Gold’nes Geschmeide, Gefäße... In wichtigen Fällen auch Menschen!

Als die „Eroberer“ kamen, versteckten sie alles in Grotten.

Wenige alte Kariben noch wissen vom Schatz in der Sierra.

Die aber fürchten die zornigen Götter. Und halten den Mund.

 

DITROCHÄUS, Trimeter

 

„ Señorita Fulminata, alle Wege,

die Ihr einschlagt, sind gewiß in Gottes Sinne.

Und ich denk’ wir reiten kleine Stege,

schau’n mit Sorgfalt hinter jedes Felsen Zinne.

Sagt mir nur die ungefähre Richtung

 

 


.....(?)

 

„Mehr Respekt vor Nonnen!“ Magdalena sagt.

Fulminata spricht nur lächelnd:“!Bravo, Brava!

Das hat unserm Reiter sicher nicht behagt.

Solche Griffe lernt man leider nicht auf Java.

Auf! Sebastian! Und ich hoffe, daß Ihr lernt.

Nonnen sind nicht wehrlos, auch wenn sie nicht plaudern.

Doch Conchita weilt bestimmt nicht weit entfernt.

Also: Los! Mit Gott und nicht mehr länger zaudern.

Weiterhin: Ich denk’, für jeden Pferdehuf

reicht ein kleines Stück von Euren Pferdedecken.

Rettet also etwas nur von Eurem Ruf:

Magdalena wird bestimmt nicht mehr erschrecken.“

So geschieht’s. Sebastian ist zu Recht bedrückt.



 

1. Der Text auf meinem Anrufbeantworter: "Ich bin nicht hier, ich bin nicht dort, an unbekanntem, fernen Ort. Gebt Laut! Ich melde mich sofort." veranlaßte einen Anrufer zu der Frage, wo denn dieser unbekannte, ferne Ort sei. Das ist natürlich von Fall zu Fall verschieden. Es kann Bayern, aber auch Kuba sein.... Oder Freiburg.

2. DAS QUODLIBET

Ein Quodlibet / ist ja ganz nett,

man muß es nur auch können:

beim Wechselfuß,

dem harten Muß,

sich keine Ruhe gönnen.

3. Sebástian hat übrigens germanische Vorfahren. Daher betont er seinen Namen auf der zweiten Silbe.

4. 1. Moses, Kap. 29, V. 18 ff.

5. Endreime wären regelwidrig! Man beachte jedoch: jeder fünfte Vers endet männlich (mit der betonten Silbe; weibliche enden mit der unbetonten Silbe).

6. Jago spricht den Vornamen von Sebastian mit spanischer Betonung aus. Meistens.

7. Die Ausnahme bestätigt die Regel.

8. Beachten Sie das letzte Reimpaar jeder Strophe - penetrant? Es gibt aber noch mehr Vokale!!

9. Hexameter haben eigentlich keine Endreime. Diese Sonderform ist besonderen Ereignissen und Personen gewidmet und hat dramaturgische Bedeutung.

10. Karl V. 1500 - 1558.

11. Dieser Vers ist überflüssig, dient nicht dem besseren Verstehen, ist also unnötig und sollte gelöscht werden. Außerdem stört er die vorgegebene Ordnung (Strophen mit zehn Versen, wovon jeweils der fünfte männlich endet). Oder ist er zu kostbar, getilgt zu werden??

12. Entgegen der gängigen Geschichtsschreibung wurde Caracas also bereits 1498 von Mabel, Countess of Dublin, und ihrem Maximilian gegründet; Diego de Losada kam erst 1567 und nannte den schon blühenden Ort dann Santiago de León de Caracas.

13. CONsuelo/ (CONchita) /SYlvie / LO / MArie Claire

14. Delphine sind Meeressäugetiere, die sich gerne den Menschen anschließen und auch Menschen gerettet haben. Das ist schon in der Antike erwähnt und mittlerweile wissenschaftlich erwiesen.

[15] Griechischer Gott des Schlafes

[16] Griechischer Gott des Traumes

[17] Griechischer Gott des Todes, Sohn der Nyx (Nacht)